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Stillgelegte Straßenbahnen und Obusse in deutschen Universitätsstädten
Viele deutschen Universitätsstädte haben alle ein gemeinsames Problem: Das Fehlen eines schienengebundenen Stadterkehrsmittels, dass großen Andrang bewältigen kann. Viele Studenten scheuen die überfüllten Autobusse vor dem Vorlesungsbeginn und schwingen sich gleich aufs Fahrrad. In Münster z. B. kommen auf einen Einwohner mehr als doppelt soviele Fahrräder.
Bahninfo möchte in die Vergangenheit und in die Zukunft blicken - viele Unistädte hatten nämlich einmal ein ausgedehntes Straßenbahnnetz oder planen eines. In einigen Städten gab es sogar Obusnetze, die - eine witzige Parallele - alle im geschichtsträchtigen Jahr 1968 stillgelegt wurden. Lediglich die Unistädte Heidelberg, Freiburg und Jena verfügen noch heute über ein leistungsstarkes Straßenbahnnetz und finden deshalb auf dieser Seite keine Erwähnung.
Stillgelegte Straßenbahn- und Obuslinien in Münster (Westf)
Am 13. Juli 1901 nimmt die Elektrische Straßenbahn Münster ihrer Betrieb auf. Im
Unterschied zu vielen anderen deutschen Städten beginnt die Ära
des Münterschen Nahverkehr nicht mit einer Pferdebahnstrecken,
sondern der Betrieb wird von Anfang an elektrisch auf drei Linien durchgeführt.
Im Jahr 1913 kommt eine vierte Linie hinzu, das Netz hat nun eine Gesamtlänge
von zwölf Kilometern.
Während der Inflation 1922-1923 und am Ende des Zweiten Weltkrieges kam es kurzzeitig immer wieder zur Einstellung des städtischen Bahnbetriebs, erst Ende 1946 wird langsam begonnen, die Straßenbahnen wieder verkehren zu lassen. Zwischen 1948 und dem 25. November 1954 fuhren nur noch die letzten beiden Linien in der Stadt, bevor Münster aufgrund der Empfehlung des Verkehrsplaners Max-Erich Feuchtinger ihren gesamten Straßenbahnbetrieb einstellt.
Schon 1949 wurde die Stilllegung des Betriebs eingeläutet: Man setzte Obusse ein, die etappenweise alte Straßenbahnstrecken befuhren. Fünf Jahre später wurde der gesamte Innenstadtring von Obussen bedient, zudem wurden die Linien zur Heilig-Geist-Kirche und zur Danziger Freiheit von Obussen bedient. 1968 wurde - den heutigen Verkehrsplanern merkwürdig erscheinenden - Entscheidungen zufolge, auch das Münsteraner Obusnetz eingestellt.
Straßenbahn Münster - Eckdaten
Spurweite: 1000 mm
Linie 1 (rot) | : | Hafen <> Hauptbahnhof <> Servatiiplatz <> Prinzipalmarkt <> Grevener Straße |
Linie 2 (gelb) | : | Warendorfer Straße <> Servatiiplatz <> Prinzipalmarkt <> Schützenhof |
Linie 3 (blau) | : | Wolbecker Straße <> Servatiiplatz <> Prinzipalmarkt <> Neubrückenstraße <> Stadttheater <> Nordplatz |
Linie 4 (grün) | : | Schützenhaus (?) <> Ludgeriplatz <> Hauptbahnhof <> Wolbecker Straße (?) |
Straßenbahn Göttingen - kurz vor der Eröffnung schon stillgelegt
In der südniedersächsischen Universitätsstadt wurde vor dem ersten Weltkrieg intensiv an einem Straßenbahnetz geplant. nach dem 1913 die Planungen weitgehend abgeschlossen wurden, konnten 1914 einige hundert Meter Gleise schon verlegt werden. Durch den Kriegsbeginn wurde aber ein Baustopp verhängt: Es kam nie zur Verkehrsaufnahme. Die letzten Gleisreste wurden erst bei der Anlage der Fußgängerzone 1973 entfernt. Folgende Linien sollen (lt. Dieter Höltge) geplant gewesen sein:
Linie 1 | : | Weender Landstraße <> Kornmarkt <> Groner Straße <> Nikolaistraße |
Linie 2 | : | Bahnhof <> Weender Tor <> Nikolausberger Weg <> Theaterstraße <> Bahnhof |
Desweiteren wird überlegt, ein Ast der RegioTram Kassel nach Göttingen zu führen. Die RegioTram ist eine Straßenbahn, die innerhalb Kassels im Straßenland unterwegs ist und außerhalb auf Eisenbahngleisen verkehrt. Sollte die RegioTram einmal bis nach Göttingen verkehren, ist es durchaus wahrscheinlich, dass es auch eine innerstädtische Straßenbahnstrecke geben wird.
Stillgelegtes Straßenbahn- und Obusnetz in Gießen
In der hessischen Universitätsstadt startete der öffentliche Nahvekehr im November des Jahres 1909 mit einer normalspurigen elektrischen Straßenbahn. In den 44 Betriebsjahren der Gießener Straßenbahn wuchs das Netz aber auf eine Streckenlänge von achteinhalb Kilometern an. Ende März 1953 wurde die Straßenbahn stillgelegt. Schon Jahre zuvor, am 18. Juni 1941 begann der Aufbau eines Obusnetzes in der Stadt, das bis zum Heiligabend 1968 Bestand hatte. Heute verkehren in Gießen nur noch Dieselomnibusse.
Straßenbahn Gießen - Eckdaten
Spurweite: 1435 mm
Grüne Linie | : | Bahnhof <> Seltersweg <> Marktplatz <> Walltor <> Marburger Straße <> Friedhof / <> Wiesecker Weg <> Grabenstraße <> Kornblumenstraße <> Wieseck, Lindenplatz |
Rote Linie | : | Bahnhof <> Bahnhofstraße <> Marktplatz <> Ludwigsplatz <> Artilleriekaserne |
Obus Gießen - Eckdaten
Linie 1 (1941-1945) | : | Bahnhof <> Ludwigsplatz <> Grünberger Straße <> Rödgener Straße |
Linie 1 (1945-1966) | : | Klein-Linden <> Bahnhof <> Rödgener Straße |
Linie 2 (1941-1945) | : | Bahnhof <> Ludwigsplatz <> Graudenzer Straße <> Verdunkaserne |
Linie 2 (1945-1964) | : | Bahnhof <> Ludwigsplatz <> Licher Straße <> Graudenzer Straße |
Linie 3 (1941-1945) | : | Schubertstraße (Lazarett) <> Ludwigstraße <> Ludwigsplatz <> Verdunkaserne |
Linie 4 (1941-1945) | : | Selterstor <> Frankfurter Straße <> Klein-Linden |
Linie 4 (1945-1957) | : | Bahnhof <> Liebigstraße <> Selterstor <> Goetheschule <> Oswaldsgarten <> Hessenhalle <> Heuchelheim Ost <> Ludwig-Rinn-Straße <> Haag in Heuchelheim |
Linie 5 (1941-1945) | : | Bahnhof > Wallanlagen > Bahnhof (Ringlinie) |
Linie 5 (1945-1968) | : | Bahnhof <> Bahnhofstraße <> Westanlage <> Neustadt <> Marktplatz <> Walltor <> Marburger Straße <> Wieseck |
Stillgelegte Straßenbahn- und Obuslinie in Marburg
In der hessischen Universitätsstadt startete der öffentliche
Nahvekehr im Oktober des Jahres 1903. Damals wurde die erste Pferdebahnlinie
der Stadt eröffnet. Bis zum 10. Oktober 1911 verkehrte die meterspurige
Bahn, dann wurde sie durch ein elektrisches System abgelöst. In
den vierzig Betriebsjahren der Marburger Straßenbahn wuchs das
Netz aber nur auf eine Streckenlänge von knapp drei Kilometern
an. Am 17. Mai 1951 wurde die Straßenbahn stillgelegt und zwei
Tage später durch eine Oberbuslinie abgelöst, die bis zum
5. Oktober 1968 Bestand hatte. Heute verkehren in Marburg nur noch Dieselomnibusse.
1993 wurde es in der Stadtverordnetenversammlung von der Initiative
"Bürger für Marburg" ein Antrag auf Wiedereinführung
gestellt, der mit knapper Mehrheit abgelehnt wurde.
(⇒ Konzept der BfM zur Straßenbahnwiedereinführung)
Straßenbahn Marburg - Eckdaten
Spurweite: 1000 mm
Hauptbahnhof <> Rudolphsplatz <> Wilhelmsplatz <> Gisselberger Straße <> Schützenpfuhlbrücke <> Südbahnhof; außerdem gab es kurzzeitig eine Zweigstrecke vom Wilhelmplatz über die Barfüßerstraße zum Oberstadt-Markt (1903 und 1913-1914).
Straßenbahn Tübingen - bereits eine Zukunftsvision
In der württembergischen Universitätsstadt gibt es seit ein paar Jahren Bestrebungen, eine RegioStadtBahn, also eine Bahn, die in der Innenstadt als Straßenbahn und im Umland auf Eisenbahngleisen verkehrt, einzuführen. Prominentester Befürworter ist Tübingens Oberbürgermeister. Folgende Strecken sind geplant:
S1: | Tübingen, Waldhäuser-Ost <> Hechingen <> Balingen <> Albstadt-Ebingen/Sigmaringen |
S2: | Pfullingen <> Reutlingen <> Gomaringen <> Balingen <> Albstadt-Ebingen |
S3: | Tübingen, Waldhäuser-Ost <> Rottenburg <> Eyach <> Horb |
S4: | Tübingen, Waldhäuser-Ost <> Herrenberg |
S5: | Tübingen, Waldhäuser-Ost <> Reutlingen <> Pfullingen/Eningen |
S6: | Plochingen <> Nürtingen <> Reutlingen <> Pfullingen <> Münsingen <> Schelklingen |
S7: | Bad Urach <> Metzingen <> Reutlingen <> Pfullingen |
S8: | Tübingen, Waldhäuser-Ost <> Reutlingen <> Plochingen |
Autor: Andreas Jüttemann