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Lugano (S-Bahn Tessin)
Ende 2004 gründeten die Schweizer Bundesbahnen und die italienische Bahn die Regionalbahnbetriebsgesellschaft "TILO" (abgekürzt für Tessin und Lombardei). Ziel war es, ein S-Bahnnetz rund um die Lugano, eine der größten Städte der italienischsprachigen Schweiz, aufzubauen. Ab 2007 wurde moderne Züge vom Typ FLIRT eingesetzt, die sowohl schweizerische, als auch italienische Strom- und Sicherheitssysteme beherrschten. Damit war der Start der drei S-Bahnlinien im Tessin eingeläutet. Im Jahre 2008 erfolgte die Umbenennung der Tessiner Linien S1, S2 und S3 in S10, S20 und S30. Sie sollten ins Nummerngefüge der Mailänder S-Bahn passen. Die Mailänder S-Bahnlinie S9 war – obwohl sie relativ weit weg vom Tessin zwischen Saronno und Mailand verkehrt – anfangs auch Teil des TILO-Netzes.
S30 in Laveno (links) und in Porto Valtrivaglia (rechts)
Die Linien S10 und S20 verkehren heute im Berufsverkehr meist im 15-Minuten-Takt. Die S30 entlang des Lago Maggiore hat größere Taktabstände: nachmittags und abends alle Stunde, vormittags sogar wesentlich seltener. Seit dem Jahre 2010 gibt es zur Rushhour durchgehende Züge der S30 bis Mailand. Derzeit ist außerdem eine S-Bahn-Strecke von Lugano über Mendrisio nach Varese in Bau, auf der zukünftig die Linien S40 und S50 verkehren sollen. Über diese Verbindung kann Lugano via Varese direkt an den Mailänder Flughafen angebunden werden.
S60 in Lugano
Eine Besonderheit stellt die S-Bahnlinie S60 dar. Sie wird von der privaten Bahngesellschaft "Ferrovie Luganesi" (FLP) betrieben. Die orangenen Züge der FLP verkehren auf Meterspurweite. Die Kleinbahn wurde am 5. Juni 1912 eröffnet. Seit ihrer Integration in das Tessiner S-Bahnnetz im Jahre 2007 verkehren die Züge werktags alle 15 Minuten. Die S60 ist eine der beiden letzten ursprünglich im Luganer Raum verkehrenden Schmalspurbahnen. Neben der S60 gibt es noch die ebenfalls privat betriebene, 1890 eröffnete Monte-Generoso-Zahnradbahn, die in den Sommermonaten zwischen dem S-Bahnhof Capolago (S10) und dem Gipfel des Monte Generoso verkehrt. Die seit 1982 elektrisch verkehrende Bahn dient nur noch touristischen Zwecken und ist deshalb tariflich nicht ins S-Bahnsystem integriert worden.
S60 in Ponte Tresa
Derzeit gibt es folgende Strecken im Tessiner S-Bahnnetz:
S10 Airolo - Lugano - Chiasso
(Länge ca. 120 km, Betreiber: TILO, 15 kV Wechselstrom, 1435 mm Spurweite)
In Chiasso besteht Anschluss an die Mailänder S-Bahnlinie S11 (Chiasso - Milano Porta Garibaldi).
S20 Bellinzona - Cadenazzo - Locarno
(Länge ca. 24 km, Betreiber : TILO, 15 kV Wechselstrom, 1435 mm Spurweite)
S30 (Bellinzona-) Cadenazzo - Gallarate - Malpensa
(Länge ca. 130 km, Betreiber: TILO, Luino - Malpensa: 3000 V Gleichstrom und Cadenazzo - Luino: 15 kV Wechselstrom, 1435 mm Spurweite).
In Gallarate besteht Anschluss an die Mailänder S-Bahnlinie S5. In Stoßzeiten werden auch einige Züge der S30 direkt bis Mailand durchgebunden.
S40: Varese - Mendrisio - Lugano (in Planung)
S50: Varese - Mendrisio - Como (in Planung)
In Varese besteht Anschluss an die Mailänder S-Bahnlinie S5.
S60 Lugano - Ponte Tresa
(Länge ca. 12 km, Betreiber: FLP, 1000 V Gleichstrom, 1000 mm Spurweite)
Lugano selbst war lange eine der europäischen Städte mit den meisten Standseilbahnen. Heute sind noch fünf Bahnen in Betrieb, bis 1986 waren es sechs. Wir möchten die besonderen Bahnen des Stadtverkehrs hier kurz vorstellen:
Monte-Bre-Standseilbahn (unterer Teil)
Die Standseilbahn Cassarate - Suvigliana ist Teil der Verbindung von der Luganer Innenstadt auf städtischen Hausberg Monte Brè. Da ein Fahrschein erst gelöst werden muss, wenn die Gesamtstrecke befahren wird, kann man kostenfrei mit der vollautomatischen Standseilbahn bis zur Mittelstation Suvigliana (391 m) mitfahren. Die knapp 200 Meter lange Strecke wurde im Juni 1908 eröffnet, die Fahrzeit beträgt vier Minuten. Von der Mittelstation Suvigliana geht es mit einer 1,4 Kilometer langen Standseilbahn seit Februar 1912 hinauf auf den Monte Brè (911 m).
Monte-Bre-Standseilbahn (oberer Teil)
Im März 1890 eröffneten die beiden Standseilbahnen zwischen Lugano-Paradiso, Via delle Scuole und dem Berg San Salvatore (882 m). In einer Mittelstation Pazzallo auf 494 Metern Höhe müssen die Fahrgäste zwischen beiden Bahnen umsteigen. Die Bahn wurde von den Bergbahnpionieren Franz Bucher und Josef Durrer unter Mitwirkung von Roman Abt und Bell Kriens erbaut.
San Salvatore Talstation
Die Standseilbahn zwischen dem Piazza Cioccaro in der Luganer Innenstadt (281 Höhenmeter) und dem Bahnhof Lugano (333 m) war bis zu ihrer baubedingten temporären Stilllegung im August 2014 die mit Abstand meistgenutzte Standseilbahn der Schweiz. Sie wurden 1886 von den Bucher, Durrer und Abt errichtet. Die später bei anderen Standseilbahnen der Welt eingesetzte sog. Abtsche Weiche wurde hier erstmals verwendet. Im Jahre 1955 wurde die Bahn umgebaut, die Talstation etwas versetzt und der Betrieb von einem Wasserballastsystem auf elektrischen Antrieb umgestellt.
Stillgelegte Lugano-Standseilbahn
Die sechste Standseilbahn in Lugano war die "Funicolare Angioli" zwischen der Innenstadt (Via Nassa, 274 m) und dem einstigen Grand Hotel Bristol in der Via Clemente Maraini (325 m). Die Gäste des Hotels waren bis 1981 auch Hauptnutzer der Standseilbahn. Als das Hotel schließen musste, gingen die Fahrgastzahlen so sehr zurück, dass der Betrieb im Oktober 1986 eingestellt wurde. Gleise und Bahnhöfe sind aber noch vorhanden, selbst der Wagen der Standseilbahn (einen zweiten Wagen gab es nicht, er wurde durch ein Gegengewicht im Flaschenzugverfahren ersetzt) wartet bis heute in der Bergstation auf Fahrgäste.
Autor: Andreas Jüttemann