BahnInfo-Sonderseite
S-Bahn Lissabon
Seit 1997 gibt es in Lissabon und Umgebung ein modernes S-Bahnsystem. Die S-Bahnen verkehren insgesamt auf vier Hauptstrecken, bedient von unterschiedlich langen Linien. Im Folgenden soll die Geschichte der vier Hauptstrecken der Lissaboner S-Bahn vorgestellt werden:
Das S-Bahn-Netz von Lissabon
Linha de Sintra: Sintra ist ein beliebstes Ausflugsziel der Lissaboner Bevölkerung und der Touristen, da es hier eine Vielzahl von Schlössern und subtropischen Gartenanlagen gibt. Es verwundert also nicht, dass Strecke nach Sintra zu den ausgelasteten Verbindungen im Netz gehört. Ein zweiter Grund für die gute Auslastung der Züge könnte sein, dass die S-Bahnstrecke sehr viele Hochhaus-Vorstädte Lissabons durchquert und die sie die einzige Bahnanbindung an das Stadtzentrum darstellt.
Der Verkehr auf der Sintralinie wurde im April 1897 zwischen dem damals noch vor den Toren der Innenstadt gelegenen Bahnhof Lisboa Alcântara und dem Kopfbahnhof in Sintra freigegeben. Im Jahre 1891 wurde zusätzlich eine Tunnelstrecke zwischen Lisboa Alcântara und Lisboa Rossio eröffnet, sodass die Züge nun zu dem direkt im Stadtzentrum gelegenen Bahnhof Lisboa Rossio verkehren konnten und die Fahrgäste in Alcântara nicht mehr auf die Straßenbahn umsteigen mussten, um in die Innenstadt zu gelangen. Die Elektrifizierung der Gesamtstrecke mit der in Portugal üblichen Spannung von 25 kV Wechselstrom erfolgte im Jahre 1956. Auf der Linie sind Züge der Baureihen 2300, 2400 und 3500 unterwegs.
Cacem
Sintra
Oriente
Oriente
Linha de Cascais: Cascais liegt an der Atlantikküste, etwa 25 Kilometer westlich von Lissabon und gehört somit – wie der Nachbarort Estoril – zu den besonders im Sommer beliebten Ausflugszielen der Lissabonner Bevölkerung. Seit 1889 verbindet die – heute in S-Bahnnetz Lissabon einbezogene – Bahnstrecke Cascais mit dem in der Lissaboner Innenstadt gelegenen Bahnhof Cais do Sodré. Unterwegs halten die Züge auch im Lissabonner Vorort Belém, in dem sich ein berühmtes Kloster, zahlreiche Museen und das heimliche Wahrzeichen Lissabons, der Torre del Belém, befinden.
Die Strecke nach Cascais wurde 1926 als erste Portugals elektrifiziert. Damals waren noch 1500 Volt Gleichstrom üblich und nicht die später auf anderen Strecken verwendete Spannung (25 kV Wechselstrom). Eine Umstellung der Spannung war in den letzten Jahren geplant gewesen, wurde aber aufgrund der angespannten finanziellen Lage der öffentlichen Kassen noch nicht realisiert.
Santos
bei Belem
Belem / Algés
Algés
Cascais
Estoril
Estoril / Belem
Cais de Sodré
Linha da Azambuja: Die Eröffnung des ersten eigenen Teilabschnitt der Azambujalinie erfolgte 1887 zwischen den Bahnhöfen Campolide und Alcântara, 1888 ging dann die Verlängerung von Campolide nach Santa Apolónia ans Netz. Dort bestand Anschluss an die Nordbahn nach Porto. Die Vorortortzüge wurden weiter in Richtung Santarém über die Nordbahnstrecke geführt. Somit beginnt die Geschichte der dritten Lissaboner S-Bahnstrecke eigentlich bereits in den Jahren 1862-64, als zwischen Porto (N.d.Gaia) und dem Lissaboner Vorort Entroncamento die portugiesische Nordbahn (heute übrigens die Hauptstrecke des Landes) eröffnet wurde.
Im Jahre 1891 wurde eine Umgehungsbahn eröffnet, die nördlich um das Lissaboner Zentrum herum führt. Über die neue Strecke war es möglich, die Züge der Azambujalinie auch zum Bahnhof Rossio in der Lissaboner Innenstadt verkehren zu lassen. Die Elektrifizierung der Azambujalinie erfolgte in den Jahren 1957 und 1958 mit der in Portugal bis heute üblichen Spannung von 25 kV Wechselstrom. Auf der Strecke verkehren heute hauptsächlich Züge der Baureihen 2240, 2300 und 2400.
Linha di Sado und Fertagus: Die Sadolinie zählt zusammen mit der Privatbahn Fertagus zu den beiden südlich des Flusses Tejo verkehrenden S-Bahnlinien. Die Sadolinie beginnt im Bahnhof Barreiro am südlichen Flussufer des Tejo (hier besteht Anschluss an die Fähren zur Lissaboner Innenstadt am Nordufer). Die Züge verkehren auf der Strecke nach Alentejo, die 1861 eingeweiht wurde. Erst seit der Eröffnung einer Neubaustrecke über die Tejobrücke "Ponte 25 de Abril" in den Jahren 1996 bis 1999 können die Züge aus dem Süden Portugals die Lissaboner Innenstadtbahnhöfe direkt erreichen (vorher war der Umstieg in Barreiro auf Fähren notwendig). Über die Tejobrücke verkehren seit 1999 die Züge der privaten S-Bahn-Beteibergesellschaft "Fertagus" als Teilstrecke der Sadolinie. Nach der Eröffnung der neuen Verbindung wurde der Bahnbetrieb über die Tejobrücke europaweit ausgeschrieben. Die Privatbahn "Fertagus" erhielt damals für 30 Jahre den Zuschlag und betreibt diese eigene S-Bahnlinie zwischen dem Bahnhof Lisboa Entrecampos und Fogueteiro, wo Anschluss an die Sadolinie besteht. Die Bahnhöfe und die Infrastruktur im südlichen Stadtgebiet gehören der privaten Bahngesellschaft. Südlich des Bahnhof Pinhal Novo verkehren die S-Bahnzüge beider Linien über die staatliche Südbahnstrecke (die zweitwichtigste Eisenbahnverbindung Portugals in Richtung Faro).
Standseilbahnen in Lissabon
Im Stadtgebiet von Lissabon gibt es drei Standseilbahnen, die die höher gelegenen Teile der Altstadt mit dem im Tal zwischen den Altstadtgebieten gelegenen Geschäftszentrum Baixa verbinden. Zwischen 1884 und 1892 wurden drei Standseilbahnen gebaut, die heute noch in Betrieb sind und vor allem von den Touristen gerne genutzt wird: Der 1884 eröffnete "Ascensor do Lavra" verkehrt auf einer Länge von 182 Metern und überwindet eine Höhe von 43 Metern. Mit einer Steigung bis zu 25% ist sie nicht nur die älteste, sondern auch die steilste Standseilbahn der Stadt. Ein Jahr später wurde der "Ascensor da Glória" eingeweiht. Mit 265 Metern Streckenlänge, einer Höhendifferenz von 48 Metern und einer Steigung von 18% ist der Ascensor die längste der drei Standseilbahnen Lissabons. Der dritte "Ascensor da Bica" kann wohl mit dem Superlativ der am meisten fotografierten Standseilbahn der Stadt aufwarten, da die Bahn vor der Kulisse des Tejos in einer engen Altstadtgasse verkehrend in vielen Reiseführern als Fotomotiv auftaucht. Die Bica-Bahn wurde 1892 eröffnet, ist 260 Meter lang und überwindet eine Höhe von 45 Metern (Steigung 19%). Sie wird von der Oberleitung der mit historischen Wagen betriebenen und bei Touristen äußerst beliebten Straßenbahnlinie 28E mit Strom versorgt.
Ascensor di Gloria
Ascensor di Lavra
Ascensor di Bica
Ascensor di Bica
Ascensor di Bica
In den ersten Betriebsjahren wurden die drei Standseilbahnen – ebenso wie viele Straßenbahnen bis 1914 mittels eines Stahlkabels die Steigungsteile hochgezogen. Aber dann erfolgte bei beiden Bahnarten die Umstellung auf einen rein-elektrischen Antrieb. Die drei Standseilbahnen Lissabons werden heute – ebenso wie die Straßenbahn – mit einer Oberleitung und einer Spannung von 600 Volt Gleichstrom versorgt und verkehren auf der für Europa ungewöhnlichen Spurweite von 900 mm, die sonst nur noch bei der Bäderbahn Molli, den Straßenbahn Linz und Krakau sowie der Borkumer Kleinbahn zu finden ist.
Straßenbahn in Lissabon
Straßenbahn in Lissabon
Auch in Porto, der zweitgrößten Stadt des Landes gibt es eine Standseilbahn, wenn auch – im Vergleich zu Lissabon – keine historische, sondern eine hochmoderne: der "Funicular de Guindais". Ursprünglich wurde zwischen der Altstadt Ribeira am Ufer des Flusses Douro und dem auf dem Berg gelegenen Stadtviertel Batalha bereits 1891 eine Standseilbahn gebaut. Nach einem Unfall 1893 wurde sie aber stillgelegt. Erst im Februar 2004 konnte eine moderne neue Bahn an gleicher Stelle wiedereröffnet werden: Der Funicular hat eine Länge von 281 Metern und überwindet 61 Höhenmeter. Die Bahn gehört zur U-Bahngesellschaft Portos, hat aber einen eigenen Tarif.
Standseilbahn in Porto
Standseilbahn in Porto
Autor: Andreas Jüttemann