- am 18.05.2009
- auf der Aktuellseite Berlin-Brandenburg
- in der Kategorie Regionalverkehr
Aktueller Zwischenstand der Vergabe "Netz Stadtbahn"
Anfang Mai lief die Frist zur Angebotsabgabe für das sogenannte "Netz Stadtbahn" (BahnInfo berichtete) aus, nun hat der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) einen ersten Zwischenstand präsentiert.
Medienberichten zufolge haben sich nur Deutsche Bahn und ODEG auf die vier Lose beworben und bekämen damit durch die Loslimitierung mindestens Los 1 oder Los 2 zugesprochen. VBB-Geschäftsführer Franz bezog dazu keinerlei Stellung, betonte aber noch einmal, dass die Loslimitierung aus Sicht des VBB sinnvoll und zulässig ist. Zudem sei dem VBB klar gewesen, dass daduruch möglicherweise Mehrzahlungen für einzelne Leistungen notwendig sind. Die Losgröße der drei Hauptlose sei zudem in einem zweijährigen Prozess so gewählt worden, um einen gesamtwirtschaftlichen Betrieb der Verkehrsunternehmen zu ermöglichen.
Die folgenden Aussagen stehen unter Vorbehalt der endgültigen Auswertung der eingereichten Unterlagen (ca. 20 Regalmeter). Ziel ist es das Verfahren schnellstmöglich abzuschließen um den Gewinnern ausreichend Vorbereitungszeit zu geben. Die Entscheidung ist für den Sommer diesen Jahres angedacht, hängt aber auch von der Zustimmung der vier beteiligten Bundesländer ab. Außerdem seien Einwände gegen die Vergabe nicht auszuschließen.
Schon jetzt wertet Franz die Ausschreibung trotz der finanziellen Probleme der Fahrzeugfinanzierung durch gegenüber dem Vorjahr verdoppelte Zinssätze als vollen Erfolg. Nach grober Sichtung wird das angedachte Ziel erreicht und mindestens 30 Millionen Euro pro Jahr, vermutlich aber deutlich mehr, gegenüber heute eingespart. Diese Gelder sollen vollständig wieder in den Betrieb fließen und damit Angebotsverbesserungen ermöglichen. So sind 6 zusätzliche Expresszüge zwischen Frankfurt Oder und Cottbus geplant. Die Linie RB21 erhält zwischen Potsdam und Golm einen Halbstundentakt, zudem soll sie Montag bis Freitag ostwärts bis Berlin Friedrichstraße verlängert werden und damit eine Entlastung für den RE1 bieten, mit dem zusammen sie zwischen Berlin Friedrichstraße und Potsdam einen 15-Minuten-Takt bilden soll. Durch den Einsatz neuer Fahrzeuge mit 160 km/h Höchstgeschwindkeit wird sich zudem die Fahrzeit des RE7 zwischen Berlin und Dessau um 20 Minuten verkürzen. Der Flughafen-Express RE9 soll in der ersten Phase von Hauptbahnhof über Anhalter Bahn zum Terminal BBI mindestens alle 30 Minuten verkehren. Angestrebt wird ein 20-Minuten-Takt, dieser muss ein Jahr vor Fahrplanbeginn angemeldet werden und wird dann durch DB Netz nach Eingang aller Trassenwünsche auf Realisierbarkeit geprüft.
Alle Fahrzeuge sind Neufahrzeuge oder jüngere Fahrzeuge, die einem Redesign unterzogen werden, und erhalten Klimaanlagen, Videoüberwachung sowie dynamische optische Echtzeit-Anzeigen. Im Flughafen-Express werden zusätzlich Informationen zu Flügen, Check-In und Gates angezeigt. Der Wagen mit barrierefreiem Zugang befindet sich zukünftig immer in Zugmitte. Steckdosen gibt es zukünftig auch in der 2. Klasse an etwa 50% der Sitzplätze. Beim Sitzniveau gibt es keinerlei Einschränkungen im Vergleich zum heutigen Angebot, eine Erhöhung des Sitzplatzangebotes soll trotzdem durch längere Züge erreicht werden. Mehreinnahmen durch höhere Fahrgastzahlen und Fahrkartenverkäufen werden künftig zwischen Verkehrsunternehmen und Verkehrsverbund aufgeteilt. Zudem ist angedacht, dass alle Züge mit einem Zugbegleiter besetzt sind, was eine Steigerung gegenüber heute darstellt und damit sogar neue Arbeitsplätze schafft. Bezüglich der Personal-Bezahlung forderte der VBB in der Ausschreibung einen "branchenüblichen Tarifvertrag", dessen Aushandlung sei aber Aufgabe und Angelegenheit der Tarifparteien.
Franz zeigte sich enttäuscht vom medialen Vorgehen der Deutschen Bahn AG und nannte es einmalig und "sehr unglücklich", dass "ein Bieter" während einer laufenden Ausschreibung derart auf Ausschreibungsdetails eingeht und diese noch dazu falsch wiedergibt. Auch die BeNEX GmbH, eine Holdinggesellschaft der Hamburger Hochbahn AG, welche an der ODEG beteiligt ist, greift in einer Pressemitteilung die Deutsche Bahn AG für ihr Wettbewerbsbehinderndes Vorgehen in verschiedenen Ausschreibungsverfahren an: „Jetzt lässt die DB Regio AG endlich die Katze aus dem Sack. Weil sie um ihre Pfünde als Monopolist fürchtet, versucht sie nun mit nicht tarifgebundenen Töchtern Ausschreibungen zu gewinnen. Dazu diffamiert sie seit mehreren Monaten die privaten Konkurrenten, um als getriebenes Opfer dazustehen. Nur eines passt nicht: Die BeNEX geht ausschließlich mit tarifgebundenen Unternehmen in die Ausschreibungen. Wir stehen - offensichtlich im Gegensatz zur DB Regio AG - zur Tariftreue. [...] Selbstverständlich ist die BeNEX bereit, in Gespräche über einen Branchentarifvertrag einzutreten. Wichtig ist dabei, dass der Branchentarifvertrag die Gegebenheiten des Nahverkehrs und die regionalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt“, so Wolfgang Dirksen, Sprecher der BeNEX-Geschäfsführung.
Der Deutsche Bahnkunden-Verband begrüßt die angekündigten Verbesserungen für die Bahnkunden, mahnte jedoch auch an, dass nun die Abbestellungen der letzten Jahre im Land Brandenburg kritisch überprüft und gegebenenfalls rückgängig gemacht werden müssten. Zudem kritisiert der DBV die aus seiner Sicht unnötige "Geheimnistuerei" im Abgabeverfahren und die fehlende öffentliche Zugänglichkeit der Ausschreibungsbedingungen. Eine langjährige Forderung des DBV ist außerdem die Offenlegung der wichtigsten Passagen der Verkehrsverträge.
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