- am 19.03.2009
- auf der Aktuellseite München
- in der Kategorie Straßenbahn
Die neue Variobahn für München

Die Variobahn ist in München angekommen. Am 19. März wurde das erste neue Fahrzeug für Münchnens Schienen offiziell vorgestellt. Die Wagen vom Typ S 1.4 - gewissermaßen die neue S-Klasse - bleibt freilich zunächst in überschaubarer Stückzahl: Lediglich vier Fahrzeuge werden sich bis zum Jahresende unter die 3 P/p-Züge, 68 R.2.-Wagen, 20 R.3.-Fahrzeuge mischen. Im Jahr 2011 folgen dann weitere zehn Fahrzeuge, die mit einer nochmals neuen Typenbezeichnung S 1.5. geadelt werden.
Ursprünglich sollten insgesamt nur drei(!) Fahrzeuge geordert werden. Eine erste Aufstockung auf vier Fahrzeuge ergab sich, als im Jahre 2006 R.2.-Wagen 2141 im Gefecht mit einem Autokran unterlag und vorzeitig seine sechs Achsen von sich strecken musste.
Der "große Wurf" auf eine Bestellung von insgesamt 14 Fahrzeugen kam dann im Jahr 2007. Man stellte fest, dass sich die Verkehrsmittel der MVG in Zeiten von Rekord-Benzinpreisen einer ungeahnten Beliebtheit erfreuten. Die Zahl der Kunden bei der Tram stieg seit 2004 um rund 10 Prozent und seit seit 2007 zählt die Tram wieder mehr als 90 Millionen Fahrgäste pro Jahr. Angesichts dieses großen und wahrscheinlich weiter wachsenden Kundenzuspruchs braucht die MVG auf Linien, die zur Zeit mit den kleinen dreiteiligen R2-Zügen bedient werden, größere Fahrzeuge. Zunächst wurde hierfür eine Verlängerung der Wagen um ein weiteres Wagenteil oder der Einsatz von motorisierten Beiwagen geprüft. Letzlich aber blieb nur die Bestellung weiterer Variobahnen als einzig realisierbare Option übrig.
Hersteller der Variobahn ist die Stadler Pankow GmbH mit Sitz in Berlin. Sie konnte sich im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung durchsetzen, die die Stadtwerke München (SWM) gemeinsam mit der VAG Nürnberg durchgeführt hatten. Das Investitionsvolumen für die 14 Münchner Züge umfasst gut 40 Millionen Euro.
Bei der Variobahn handelt es sich um ein Multigelenkfahrzeug in Modulbauweise. Der Zug besteht aus kurzen angetriebenen Fahrwerksmodulen und dazwischen hängenden Sänften. Münchens historisch gewachsenes Netz bedingt Restriktionen bei der Fahrzeugkonfiguration. Das Ergebnis ist ein knapp 34 Meter langer Wagen mit 2,30 m Breite, der 221 Fahrgästen Platz bietet, davon auf 75 Sitzplätzen. Besondere Merkmale sind die sechs Türen, große Fensterflächen und großzügige Mehrzweckräume. Die zwei über den Schienen schwebenden Wagenteile – die Sänften – sind besonders geräumig. Sie haben einen vollständig ebenen Boden, was gegenüber den verbauten R.-Wagen neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. So gibt wie es wie im Vor-Niederflurzeitalter wieder einen deutlichen Schwerpunkt bei der Reihenbestuhlung. Lediglich in den Fahrwerksmodulen bleibt es wegen der Radkästen bei der Abteilanordnung. Hier steigt auch der Fußboden leicht an, was aus der Lage und Konstruktion der Fahrwerke unterhalb dieser Wagenteile resultiert. Und auch sonst gibt es weniger Einbauten im Fahrgastraum. So fehlen zum Beispiel die in den Gelenkbereichen der R-Wagen noch vorhandenen Technikschränke. In Zusammenarbeit mit dem Münchner Designer Peter Trautwein vom Designbüro „ergon 3“ und der Firma Stadler wurde ein spezielles Münchner Innendesign für die Variobahn entwickelt. Elemente sind unter anderem speziell gestaltete Festhaltegriffe und geschwungene Haltestangen aus elegant wirkendem Edelstahl und körpergerechte Sitze mit Holzschale, die im MVG-Design blau gepolstert sind. Unter der dritten Tür wurde eine Stehhilfe realisiert (unter der sich ein schmaler Werkzeugschrank versteckt). Neu sind auch die gelben Haltegriffe auf der Gangseite, die Sehbehinderten die Orientierung im Fahrzeug erleichtern. Insgesamt 11 Info-Monitore sorgen für die heute übliche Fahrgast-Information. Wie bei allen Münchner Trambahnen befindet sich an der ersten Tür auch wieder ein Hublift für Rollstuhlfahrer. Zusätzlich gibt es an der zweiten Tür aber auch erstmals eine mechanische Klapprampe, die keine Ausfälle befürchten lässt.
Im technischen Bereich ist zu erwähnen, dass alle Münchner Variobahnen für die Nachrüstung mit einem Energiespeicher vorbereitet sind. Einer der ersten vier Züge wird Ende des Jahres zu Testzwecken erstmals mit einer völlig neu entwickelten Hochleistungsbatterie ausgestattet werden, mit der es möglich sein soll, rund 1.000 Meter ohne Oberleitungen zurückzulegen. Ein konkreter Anwendungsfall ergibt sich in München für die geplante Querung des Englischen Gartens. Im Laufe des Jahres 2010 soll der fahrdrahtlose Betrieb in einem ca. 1 Kilometer langen Abschnitt im Linienverkehr erprobt werden.
In den kommenden Wochen steht nun ein umfangreiches Prüf- und Abnahmeverfahren an. Die Fahrzeuge müssen von der Technischen Aufsichtsbehörde abgenommen und zugelassen werden. Schließlich sind die Fahrerschulungen auf dem neuen Fahrzeug erforderlich. Im Sommer soll der erste von den vier neuen Zügen dann in den Fahrgastbetrieb gehen, die drei weiteren Züge folgen im Abstand von jeweils einigen Wochen. (Foto: MVG V 312)

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