- am 05.11.2004
- auf der Aktuellseite Anhalt und Sachsen
- in der Kategorie Verkehrsverbund Oberelbe
Keine kurzfristige Beschaffung von Doppelgelenkbussen für Dresden
Während der sechswöchigen Testphase in den Monaten April und Mai diesen Jahres konnten die DVB viele Erfahrungen mit dem Doppelgelenkbus Van Hool AGG 300 sammeln.
Mit dem fast 25 Meter langen Doppelgelenkbus stand ein Fahrzeug zur Verfügung, welches im Vergleich zu dem 18 Meter langen Gelenkbus Solaris Urbino 18 ungefähr zehn Fahrgäste mehr aufnehmen konnte. Dabei bot es mit der vorliegenden Bestuhlungsvariante den Fahrgästen einen höheren Komfort, weil die Anzahl der Sitzplätze gegenüber dem Solaris um 24 Plätze höher lag. Da der Doppelgelenkbus mit seiner Länge und einem zulässigen Gesamtgewicht von fast 35 Tonnen von den Vorschriften der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) abweicht, wurde der DVB AG vom Regierungspräsidium Dresden eine Ausnahmegenehmigung für den Testeinsatz des Busses erteilt.
Hinsichtlich seiner Eignung für den Einsatz auf stark frequentierten Buslinien wurde auf die Stärken und Schwächen des Fahrzeugs besonderes Augenmerk gelegt. Weitere Punkte waren unter anderem das Fahrzeitverhalten einschließlich der Haltestellenaufenthaltszeit, das Fahrverhalten unter Beachtung der jeweiligen Verkehrsinfrastruktur und die Fahrgastverteilung am und im Fahrzeug.
Die Stärken beim AGG 300 sind eindeutig das erhöhte Platzangebot und der Sitz- und Stehkomfort in den Gelenkteilen. Als negativ
wurde dagegen der Geräuschpegel im Fahrzeug bewertet. Die Stellflächen für Fahrräder und Kinderwagen sind bei dem Testfahrzeug zu knapp bemessen und die Festhaltemöglichkeiten für Fahrgäste reichen nicht aus. Der hohe Kraftstoffverbrauch und die nicht ganz ausreichende Motorleistung bei Bergstrecken stellen weitere Schwächen des Busses dar.
Im Fahrbetrieb traten im Vergleich zum Solaris Urbino 18 im Mittel geringfügig kürzere Haltestellenaufenthaltszeiten und Fahrzeiten auf, die auf eine harmonische Türauslastung bei starkem Fahrgastaufkommen zurückzuführen sind.
Das Fahrverhalten des Doppelgelenkbusses weist eine hohe Fahrspurtreue bei Straßen mit großzügigen Kurvenradien auf. Im Gegensatz dazu schwenkt das Fahrzeugheck bei 90-Grad-Kurven bis zu einem Meter aus. Für Steigungsstrecken wäre eine höhere Motorleistung sinnvoll. Die baulichen
Bedingungen im Busliniennetz lassen leider eine behindertengerechte Nutzung der Türen drei und vier im Bereich der Busbucht Typ Dresden nicht zu, da die Restspaltbreite bis zu zehn Zentimeter beträgt. Diese Tatsache kann man nicht außer Acht lassen, wenn man den weiteren Einsatz dieser Busse in Betracht zieht. Die für 18-Meter-Busse angelegten Haltestellenbuchten bzw. -taschen müssten umgebaut werden und die Warteflächen sonstiger Haltestellen bedürften einer Verlängerung. Verschiedene verkehrsorganisatorische Maßnahmen zur Gewährleistung der Fahrkurven, Aufstelllängen etc. beim Abbiegen, Begegnen und bei der Haltestellenbedienung am Fahrbahnrand wären notwendig. Eine Anpassung der Verkehrstechnik an Lichtsignalanlagen hingegen ist grundsätzlich nicht erforderlich.
Bei neu zu beschaffenden Bussen vom Typ AGG 300 müsste über die Erhöhung der Stellplätze für Kinderwagen und Fahrräder durch eine Änderung der Bestuhlungsvariante nachgedacht werden. Änderungen der Festhaltemöglichkeiten und Verbesserungen der Fahrersicht wären ein weiteres Muss. Zur Erhöhung des Fahrkomforts sollte man den Geräuschpegel im Fahrzeug senken.
Fazit der DVB AG:
- Das Fahrzeug ist geeignet, die Kapazitätsprobleme des ÖPNV bei hochbelasteten Buslinien zu lösen, wobei die Möglichkeit des Einsatzes in Dresden technisch nachgewiesen wurde.
- Voraussetzung eines Standardeinsatzes von Doppelgelenkbussen ist die Schaffung der gesetzlichen Bedingungen (StVZO) durch den Verordnungsgeber.
- Eine Beschaffung von Doppelgelenkbussen ist nur für Buslinien sinnvoll, die heute einen vergleichsweise dichten Takt fahren und aufgrund des Fahrgastaufkommens den ganztägigen Einsatz dieser Fahrzeuge rechtfertigen. Daraufhin werden derzeit verschiedene Dresdner Buslinien untersucht.
- Kaufpreis und Kraftstoffverbrauch der Doppelgelenkbusse haben einen erheblichen Einfluss auf deren Wirtschaftlichkeit. Ein entsprechender Anreiz ist momentan nicht gegeben. Gegenwärtig arbeiten verschiedene Bushersteller an ähnlichen Lösungen. Die weitere Entwicklung in dieser Richtung bleibt abzuwarten.
Aus den genannten Gründen hat die DVB AG nicht vor, kurzfristig Doppelgelenkbusse zu beschaffen. (Quelle: DVB-Presseinformation)

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