- am 26.10.2023
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Fahrgastsprechtag BVG 2023
Am 19. Oktober 2023 fand in den Räumen der BVG auf dem Betriebshof Lichtenberg der Fahrgastsprechtag BVG statt. Der Einladung des Berliner Fahrgastverbands IGEB gefolgt sind Klaus Emmerich und Helmut Grätz aus der Angebotsplanung sowie Michael Bartnik von der Jelbi-Projektleitung.
Neufahrzeuge
Die neue U-Bahn-Generation J bzw. JK ist in Bau. Sie wird von Stadler Pankow hergestellt und wird aus End- und Mittelwagen bestehen, die eine hohe Flexibilität bei der Fahrzeug- und Zugkonfiguration ermöglichen. Damit können Zwei- und Vier- sowie im Großprofil auch Sechswagenzüge mit jeweils zwei Endwagen gebildet werden. Sechs- und Achtwagenzüge im Kleinprofil sind - wie bisher auch - durch Kupplung von Zwei- und Vierwagenzügen in beliebiger Form möglich. Der maximale Lieferumfang laut Rahmenvertrag beträgt 1.500 Wagen, davon 1.060 für das Groß- und 440 für das Kleinprofil. Die Mindestbestellmenge sind 262 Wagen für das Kleinprofil und 344 Wagen für das Großprofil. Im ersten Abruf wurden für das Kleinprofil 140 Wagen, davon 106 Endwagen, und für das Großprofil 236 Wagen, davon 170 Endwagen, bestellt.
Die Lieferung der neuen U-Bahnfahrzeuge soll sukzessive erfolgen, mit mindestens vier Wagen pro Woche. Die ersten Fahrzeuge sollten ursprünglich schon letztes Jahr eintreffen, aber es gab Lieferverzögerungen bei Einzelteilen. Die neuen Fahrzeugen sollen zunächst auf den Linien U3 (Kleinprofil) und U5 (Großprofil) in den Fahrgasteinsatz gehen. Die Fahrzeuge des ersten Abrufs dienen vorrangig der Optimierung des Angebots im Fahrgastbetrieb, weshalb auf der U5 auch weiterhin Fahrzeuge der Baureihe IK im Einsatz bleiben. Die Erweiterung des Neufahrzeugeinsatzes auf andere Linien soll ab 2025 sukzessive erfolgen.
Neben der U-Bahn bekommt auch die Straßenbahn neue Fahrzeuge. Mit der neuen zweiten Generation von Flexity-Fahrzeugen, von Alstom als Nachfolger vom Bombardier hergestellt, wird es erstmals in Berlin auch 50-Meter-Wagen geben, die für die M4 gedacht sind und dort die GT-Doppeltraktionen ablösen sollen. In der ersten Bestellung sind drei fünfteilige (30 Meter) und 17 neunteilige (50 Meter) Wagen enthalten. Der Rahmenvertrag sieht bis zu 117 Fahrzeuge vor. Die 30-Meter-Wagen sind für das Köpenicker Netz vorgesehen. Die ersten neuen Fahrzeuge sind in Bau, es läuft nach der Herstellung des Fahrzeugkastens bereits der Innenausbau. Ein Termin für die Lieferung der ersten Fahrzeuge ist noch nicht bekannt.
Neue Straßenbahnstrecke in Betrieb
Seit dem 9. September ist das Streckennetz der Berliner Straßenbahn um 2,2 Kilometer länger. Die Neubaustrecke vom Hauptbahnhof zum U-Bahnhof Turmstraße ist in Betrieb. Seitdem verkehrt die Linie M10 mit allen Fahrten über Invalidenstraße, Alt-Moabit, Rathenower Straße und Turmstraße weiter zum gleichnamigen U-Bahnhof. Die neue Strecke besteht aus fahrbahnbündigen und aus Rasengleisen. Bis auf die neue zweite Haltestelle am Lesser-Ury-Weg (Kaphaltestelle) sind durchweg Mittelbahnsteige entstanden. Die neue Strecke endet an der Turmstraße mit einer zweigleisigen Kehranlage. Im Vorgriff auf diese Verlängerung wurde am anderen Ende der Linie M10, an der Warschauer Straße, die bisherige eingleisige Kehranlage um ein weiteres Gleis erweitert. Damit weisen beide Enden zwar eine gewisse Flexibilität in der Betriebsführung auf, aber für 5-Minuten-Takte ist dies der BVG inzwischen zu wenig, so dass bei künftigen Neubaustrecken, die im gleichen Takt bedient werden sollen, dreigleise Wendeanlagen seitens der BVG gefordert werden sollen. Die neue Strecke ist innerhalb von 8 Jahren, inklusive Planfeststellung, gebaut worden, was vergleichsweise schnell ist.
Dekarbonisierung beim Bus
Die Busflotte soll bis zum Jahr 2030 emissionsfrei sein. Dann sollen 1.750 Fahrzeuge nur noch elektrisch unterwegs sein. Bisher sind 230 E-Busse bei der BVG im Einsatz, der größte Teil davon Eindecker mit 12 Meter Länge und Depotlader, die - wie der Name schon sagt - nur im Depot über ein Kabel geladen werden können. Daneben gibt es auf der Linie 200 auch Gelenkbusse als Gelegenheitslader, für die an den Endstellen Michelangelostraße und Hertzallee spezielle Lademasten mit Pantografen existieren.
Für die nächsten beiden Jahren sind bis zu 350 weitere E-Busse geplant, für deren Einsatz die Infrastruktur nicht nur in den Busbetriebshöfen ausgebaut werden muss. So sollen stadtweit an 30 bis 40 Endstellen insgesamt 80 Ladepunkte mit einer Leistung von je 300 Kilowatt entstehen. Bedarf für solche Ladestellen wird für 50 bis 80 Punkte gesehen. Daneben sind auch zwei neue Busbetriebshöfe geplant, einer als Verbund mit zwei Standorten entlang der Minna-Todenhagen-Straße und einer an der Säntisstraße.
Aber nicht nur die Infrastruktur muss für die Dekarbonisierung angepasst bzw. errichtet werden, auch andere Themen sind neu zu denken. So wirkt sich dies auch auf das Personal, auf IT-Systeme, Prozesse und Organisationen aus. So sind unter anderem das Management und die Instandsetzung der Fahrzeuge anders zu handhaben.
Deutschlandticket
Das Deutschlandticket ist auch bei der BVG ein großer Erfolg. Zum Start im Mai diesen Jahres haben 414.500 Abonnenten zu diesem Ticket gewechselt und wurden 76.300 neue Verträge geschlossen. Inzwischen ist die Zahl an Abonnenten mit Deutschlandticket auf rund 655.000 gestiegen. Dabei nutzen über 168.000 Kunden die Handyticketvariante, dies sind etwa 31 Prozent. Die Verträge werden dabei größtenteils online abgeschlossen bzw. gewechselt, was auch der von der BVG bevorzugte Weg ist, zumal die stationären Kundencenter und die Hotline mit täglich über 10.000 Anfragen völlig überlastet sind und das Mehr an Arbeit nicht leisten können.
Fahrgastinformation
Im Rahmen des vom Bund geförderten Projektes DIFA (Digitalisierung von Fahrgastinformation) werden drei verschiedene Arten von Echtzeitanzeigern an Bus- und Straßenbahnhaltestellen sowie in U-Bahnhöfen installiert. Dabei werden insgesamt 1.500 Monitore zur Abwendung kommen, von denen 1.400 bereits installiert sind. Der Fokus lag hierbei auf Straßenbahn- und Bushaltestellen ohne Daisy. So wurden 403 Leuchtsäulen und 800 Wartehallen mit den TFT-Anzeigern nachgerüstet, so dass nun mit Daisy zusammen fast alle Haltestellen der Straßenbahn und über 15 Prozent der Bushaltestellen über Abfahrtsanzeiger verfügen. Auf U-Bahnhöfen zeigen die neue Monitore zum einen Anschlüsse an der Oberfläche (Bus und Straßenbahn) bzw. bei der S-Bahn an, zum anderen geben sie einen Überblick über den aktuellen Betriebszustand bei allen U-Bahnlinien. Mittels einfacher Symbole kann der Kunde so sehen, ob bei seiner Linie alles in Ordnung ist oder es Baumaßnahmen oder Verspätungen gibt. Bei diesen so genannten Service-Status-Schnellüberblicken hat sich die BVG an Paris, London und New York orientiert. Die Kundenrückmeldungen hierzu fallen überwiegend positiv aus.
Neben den nächsten Abfahrten dienen die Monitore auch der Anzeige von Abweichungen und Störungen. Dabei testet die BVG auch verschiedenen Formen der Anzeige und lässt diese von 50 Probanden mittels Führen eines Tagebuchs bewerten. So soll die optimale Fahrgastinformation ermittelt werden, mit der dann auch die analogen und digitalen Medien weiterentwickelt werden sollen.
Damit blinde Fahrgäste sich besser orientieren können, wurde im Jahr 2022 das Projekt "FGI akustisch" gestartet. Dabei geht es um die Frage, wie Sehbehinderte an Bus- und Straßenbahnhaltestellen das Fahrzeug der gewünschten Linie identifizieren können. Ein mögliches Mittel ist das sprechende Fahrzeug, das seine Linie und das Fahrziel ansagt. Hierbei muss auch das Lärmmanagement betrachtet werden, da solche Ansagen gerade nachts für andere Personen eine große Belastung sein können. Neben dem Fahrzeug könnte auch ein Smartphone sprechen. Dieses könnte dann Auskunft über den aktuellen Standort (Haltestelle) und das ankommende Fahrzeug liefern. Auch ein Ein- bzw. Ausstiegswunsch ließe sich darüber steuern. Aktuell wertet die BVG die Lösungsvorschläge der Industrie aus. Nach der Ausschreibung und der Vergabe könnten im nächsten Jahr der Test unter realen Bedingungen starten und dann das gewünschte System vollflächig ausgerollt werden.
Aufzugsprogramm und -ersatz
Von den 175 U-Bahnhöfen sind inzwischen 141 mit insgesamt 198 Aufzügen versehen, acht Bahnhöfe haben Rampen, womit 149 Bahnhöfe stufenlos erreichbar sind. Blindenleisysteme finden sich auf 136 Bahnhöfen. Bis zum Jahr 2028 sollen alle noch verbleibenden U-Bahnhöfe mit mindestens einem Aufzug versehen sein. Da dies die Bahnhöfe sind, bei denen ein Einbau aus diversen Gründen nicht so einfach ist und es auch beim Auszugseinbau immer wieder zu Verzögerungen kommt, ist dies ein sportliches Ziel. Die letzten beiden U-Bahnhöfe, die einen Aufzug erhalten sollen, sind Moritzplatz (U8) und Güntzelstraße (U9).
Damit mobilitätseingeschränkte Fahrgäste trotz fehlendem oder kaputtem Aufzugs an ihr Ziel kommen, gibt es entlang der U8 und von Teilen der U5 (Frankfurter Allee bis Tierpark) sowie an den S-Bahnhöfen Attilastraße und Marienfelde (S2) das Projekt BVG Muva Aufzugsersatz. Dabei bringen zehn vollständig barrierefreie Fahrzeuge verschiedener Typen (Schwenklift, Linearlift) die Fahrgäste von und zu barriefreien U- bzw. S-Bahnhöfen in der Nähe und dies zum VBB-Tarif ohne Aufpreis. Der aktuelle Pilotbetrieb dient dabei zur Erprobung des Angebots, Serviceumfangs, der Fahrzeugtypen und der damit verbundenen Kommunikation. Der Prozess für eine stadtweite Ausweitung auf alle S- und U-Bahnlinien ist bereits gestartet und die Fahrzeugbeschaffung eingeleitet.
Nicht verschwiegen werden soll, dass aktuell die Fahrzeuge oft nur herumstehen. Die BVG-Muva-Fahrzeuge werden auch als Berlkönig-Nachfolger für den Raum Mahlsdorf-Süd verwendet.
Mobilitätsplattform Jelbi
Die von der BVG seit 2019 angebotene Mobilitätsplattform Jelbi verbindet ÖPNV und Sharing als größte und am Besten bewertete App ihrer Art. Bereits über 704.000 Mal wurde sie aus den Stores heruntergeladen und 316.000 Registrierungen liegen vor. 13 Mobilitätsangebote sind über die App verfügbar und können mit dieser einfach genutzt und bezahlt werden. Neben den ÖPNV-Angeboten stehen Mietwagen, Fahrräder und E-Scooter zur Verfügung, insgesamt etwa 68.000 Fahrzeuge, darunter bereits über 90 Prozent aller Sharing-Fahrzeuge Berlins und 84 Prozent emissionsfrei. Berlinweit gibt es bereits 169 Jelbi-Standorte (Stationen und Punkte), an denen die Fahrzeuge ausgeliehen und wieder abgestellt werden können. Die Zahl steigt stetig weiter an. Gerade hinsichtlich der Fahrräder und E-Scooter stellt sich die Problematik des "wilden Parkens" auf Fußwegen, die mittels flächendeckender Abstellmöglichkeiten (etwa alle 200 Meter) und Parkverbotszonen verhindert werden soll. Die App soll hierbei eine Rückgabe an "falschen" Stellen blockieren, was aktuell zu etwa 95 Prozent funktioniert. An vier Tagen der Woche finden auch Fußpatrouillen zur Kontrolle statt. Diese Zonen sind derzeit allerdings nicht auf Dauer bewilligt, sollen bis zum Jahresende aber erst einmal eine Verlängerung erfahren.
Sonstiges
- Das monatlich erscheinende Fahrgastheft "BVG PLUS" wird zum Jahresende als Druckexemplar eingestellt. Ob und wie es zumindest digital weitergeht, ist noch in der Klärung. Grund hierfür ist unter anderem, dass die Exemplare vielfach im Müll landen.
- Die BVG erhält ein neues rechnergestütztes Betriebsleitsystem (RBL), wofür diverse Hintergrundsysteme eine Anpassung erfahren müssen.
- Auch die BVG hat einen Busfahrermangel, weshalb derzeit keine Angebotsausweitungen möglich sind. Eher läuft es darauf hinaus, das Angebot dem vorhandenen Fahrpersonal anzupassen. Gleichwohl bildet die BVG fleißig Fahrer aus.
- Die Bushaltestellen im öffentlichen Straßenland gehören nicht der BVG, weshalb sie nur bedingt Einfluss über den Standort der ihr gehörenden Wartehallen neben kann.
- Etwa 1.500 Infrastruktur-Projekte in verschiedenen Projektphasen laufen bei der BVG aktuell gleichzeitig.
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