- am 20.02.2016
- auf der Aktuellseite Nordrhein-Westfalen
- in der Kategorie Verkehrsverbund Rhein-Ruhr
Wehrhahnlinie: Nicht nur die Straßenbahn muss in die Röhre gucken
Nach etwas mehr als acht Jahren Bauzeit ist am vergangenen Samstag die 3,4 km lange Düsseldorfer Wehrhahnlinie feierlich von Verkehrsminister Michael Groschek, Oberbürgermeister Thomas Geisel und Staatssekretär Enak Ferlemann eröffnet worden. Sechs unterirdische Stationen bilden das Herzstück des in Ost-West-Richtung verlaufenden Tunnels, der künftig vier neue Stadtbahnlinien bündelt. Die oberirdischen Halte Wehrhahn und Bilk markieren unmittelbar vor den Rampen das Ende der Zulaufstrecken.
Einhergehend mit der eigentlichen Inbetriebnahme einen Tag später ist eine umfangreiche Neuordnung des Straßenbahn- und Busnetzes der Rheinbahn. Unter der mundartlich griffigen Losung Netz met Häzz sensibilisierte Deutschlands fünftgrößtes kommunales Verkehrsunternehmen seine Fahrgäste bereits im Vorwege ausführlich für die bevorstehenden Änderungen.
Oberbürgermeister Geisel sieht das ÖPNV-Angebot der Landeshauptstadt als eine attraktive Alternative zum Auto an und erwartet auf dem neuen U-Bahn-Abschnitt täglich mehr als 50.000 Fahrgäste. Vor allem aber habe die Wehrhahnlinie einen Impuls zur städtebaulichen Neugestaltung gegeben: "Denn die oberirdischen Bahntrassen fielen weg und der Bushalteplatz am Jan-Wellem-Platz wurde verlagert. Die Landeshauptstadt Düsseldorf hat mit der Wehrhahnlinie und auch mit dem neuen Kö-Bogen - der erst durch die Wehrhahnlinie möglich wurde - die entscheidenden Voraussetzungen für die Neugestaltung ihrer City geschaffen."
In seiner Festrede hob der Oberbürgermeister hervor, dass der Bau in vielerlei Hinsicht etwas ganz Besonderes sei. Zum einen habe man besondere Techniken wie das so genannte Vereisungsverfahren am Knotenbahnhof Heinrich-Heine-Allee oder die Deckelbauweise (Düsseldorfer Deckel) angewandt. Zum anderen haben neben der hohen Ingenieurkunst allerdings auch gestalterische Elemente stark im Fokus gestanden. "Das Ziel sollte eine Gestaltung sein, bei der Architektur und Kunst untrennbar miteinander verbunden sind. Jeder der sechs Bahnhöfe der Wehrhahnlinie ist mit einer eigenen künstlerisch geprägten Handschrift entstanden. Es finden sich Schriftspuren, Klang- und Videoarbeiten, konzeptuelle, malerische und computergesteurte Bilder", so Geisel. Am Ende resümiert er: "Das Ensemble steht der traditionsreichen Kunststadt Düsseldorf gut zu Gesicht. Freuen Sie sich darauf, ab heute diese Bahnhöfe, diese Kunstwerke ganz bequem zu erfahren!"
Staatssekretär Ferlemann bezeichnete die Entscheidung zum Bau der Wehrhahnlinie in seinem Grußwort als weise und ergänzte, dass der Bund auch zukünftig gerne bereit sei, Düsseldorf im Falle einer Verlängerung der U-Bahnlinie finanziell unter die Arme zu greifen.
Denn schließlich hat das Ganze seinen Preis - und nicht gerade einen geringen. Immerhin kostet der prestigeträchtige und nicht unumstrittene Tunnel summa summarum knapp 844 Millionen Euro. So behält auch der Verkehrsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Michael Groschek, seine Kritik nicht für sich, sondern nutzt die Feier für ein paar mahnende Worte: "Das U-Bahn-System ist natürlich das teuerste Verkehrssystem, was wir kennen. Das ist quasi die Luxusvariante von ÖPNV. Deshalb muss man damit sehr sparsam umgehen." Messerscharf rechnet er vor, was eine Einzelfahrt vor dem Hintergrund aller notwendigen Investitions-, Sanierungs- und Instandhaltungsmittel kostet: 19,30 EUR sind es ihm zufolge für eine Stadt- respektive U-Bahn. Im Vergleich dazu wirkt der Bus mit 5,30 EUR spottbillig. Aber selbst die S-Bahn oder der Regionalexpress liegen seinen Berechnungen folgend bei erschwinglichen 7,80 EUR.
"Warum macht diese Investition dann trotzdem Sinn?", will der Minister wissen und liefert die Antwort gleich mit: "Weil hier beide in die Röhre gucken müssen. Nicht nur die Bahn, sondern auch die Autos." Er bilanziert: "Wir lösen die Verkehrsprobleme nicht wirklich unter Tage, sondern wir müssen sie schon über Tage lösen, indem wir sagen, in den Quartieren gilt das Prinzip 'Platz da für Radfahrer und Fußgänger'." Ferner seien die Synergien aus dem Bau der Wehrhahnlinie, wie die Wiederherstellung des Hofgartens als eine geschlossene Einheit oder die Offenlegung des namensgebenden Flusses Düssel, "Stadtqualitäten, die begründen, warum es gut ist, an einigen Stellen in der City 3,4 Kilometer lang auch die Bahnen unter die Erde zu packen ..."
Foto: Beigeordneter Dr. Stephan Keller, Staatssekretär Enak Ferlemann und Oberbürgermeister Thomas Geisel eröffnen die Wehrhahnlinie (von links nach rechts). Christian Linow
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