- am 29.09.2011
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Fahrgastsprechtag Straßenbahn 2011
Am 26.09.2011 fand der diesjährige Fahrgastsprechtag Straßenbahn auf dem Straßenbahnbetriebshof Lichtenberg statt. Der Einladung des Berliner Fahgastverbands IGEB gefolgt sind Klaus-Dietrich Matschke, Bereichsleiter Straßenbahn, und Jürgen Sember, Betriebsleiter Straßenbahn.
Neubaustrecken
Am 4. September wurde die 1,5 Kilometer lange Neubaustrecke in die Wissenschaftsstadt Adlershof (Endstelle Karl-Ziegler-Straße) nach 11 Jahren Planungs- und Bauzeit in Betrieb genommen, die von den Linien 60 und 61 befahren wird. Die nächste Neubaustrecke wird die Verbindung zum Hauptbahnhof sein, die voraussichtlich Ende 2013 in Betrieb gehen soll, und an der bereits vorbereitende Baumaßnahmen stattfinden. Der Gleis- und Straßenneubau soll nächstes Jahr beginnen. Die Strecke wird 2,3 Kilometer lang sein und bis zu 24.000 Fahrgäste am Tag im Querschnitt aufweisen, davon 6.500 Neukunden. Das Linienkonzept wird derzeit erarbeitet, sicher erscheinen die Linien M8 und M10. Voraussichtlich 2016 wird der S-Bahnhof Ostkreuz angebunden. Hier gibt es aber bisher weder ein Planfeststellungsbeschluss noch eine endgültige Streckenführung für die Linie 21, so dass dieser Termin mit Vorsicht zu genießen ist. Nach derzeitigem Stand geht die BVG davon aus, dass die 21 in der Boxhagener Straße verbleibt und das Ostkreuz über Holtei- und Sonntagstraße angebunden wird. So ist dies auch im aktuellen Stadtentwicklungsplan Verkehr von März 2011 in der Karte "Netz des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) Planung 2025" zu sehen.
Weitere Verlängerungen sind derzeit nicht abzusehen, wenngleich bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung darüber hinaus noch weitere vier so genannte Leuchtturmprojekte existieren. Dies wären U-Bahnhof Turmstraße - Hauptbahnhof über Turmstraße und Rathenower Straße, Alexanderplatz - Kulturforum über Mühlendamm und Leipziger Straße, der zweigleisige Ausbau in Mahlsdorf von der B1/B5 nach Norden inklusive neuer Endstelle am S-Bahnhof Mahlsdorf sowie die Verbindung Karl-Ziegler-Straße - S-Bahnhof Schöneweide über den Groß-Berliner Damm. Die letztgenannte Strecke wäre relativ einfach und kostengünstig umzusetzen, zumal beim Umbau des Groß-Berliner Damms die geplante Straßenbahn bereits Berücksichtigung fand. Für sie ist der relativ breite Mittelstreifen vorgesehen.
Baumaßnahmen 2012
Auch 2012 stehen bei der Straßenbahn wieder größere Baumaßnahmen an. Die bereits begonnenen Arbeiten in der Invalidenstraße (Straßenausbau und Straßenbahnneubaustrecke) werden fortgesetzt, ebenso die Arbeiten am Hirschgartendreieck (Linien 60 und 61), wo im Juli und August die Gleise ihre neue Lage erhalten werden. Im Anschluss daran kann die Strecke nach Friedrichshagen für GT6-Fahrzeuge freigegeben werden. Auf der Uferbahn (Linie 68) beginnt die Sanierung im Frühjahr 2012 zunächst mit einer Vollsperrung, bevor über den Sommer der Verkehr eingleisig durch den Stadtforst und das Trinkwasserschutzgebiet geführt wird, um am anderen Gleis arbeiten zu können. Für 8 Wochen wird im Sommer 2012 der so genannte Mollknoten (Kreuzung Mollstraße/Otto-Braun-Straße, Linien M4, M5, M6 und M8) saniert. Hier sind die Schienen verschlissen und müssen ausgetauscht werden.
Am S-Bahnhof Springpfuhl wird eine neue Zwischenendstelle gebaut. Diese wird sich westlich des Bahnhofs befinden und zwischen den Gleisen als stumpfes Gleis ausgeführt werden. Mit dieser nur für Zweirichtungsfahrzeuge befahrbaren Endstelle können die aus Ahrensfelde bzw. Riesaer Straße kommenden Verstärkerzüge bereits hier enden. Am S-Bahnhof Springpfuhl leeren sich die Züge merklich, so dass keine Notwendigkeit besteht, die Verstärker weiter zu fahren. Die dann eingesparte Leistung kann dann dort zur Verfügung gestellt werden, wo sie mehr benötigt wird, zum Beispiel in Oberschöneweide. Dort soll an der Kreuzung An der Wuhlheide/Weiskopffstraße ebenfalls eine Zwischenendstelle entstehen, deren Baubeginn 2012 erfolgen kann, sofern die Senatsverwaltung und der Bezirk Treptow-Köpenick rechtzeitig die Genehmigung erteilen und die Finanzierung gesichert ist. Hier ist ein Gleisdreick vorgesehen, welches aus Richtung Wilhelminenhofstraße - auch von Einrichtungsfahrzeugen - befahren werden kann. Dabei sollen die Züge aus der Weiskopffstraße kommend links in die Straße An der Wuhlheide einbiegen und an einer neu einzurichtenden Ausstiegshaltestelle enden. Von dort wird leer rückwärts geradeaus über die Kreuzung gefahren, um die bestehende Haltestelle Richtung Wilhelminenhofstraße zu erreichen, an der der Einstieg erfolgt. Mit dieser Zwischenendstelle kann der Verkehr in der Wilhelminenhofstraße verdichtet werden, ohne Köpenick bedienen zu müssen, um dem dort stetig steigenden Aufkommen entgegen wirken zu können, welches vorrangig durch die Studenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) verursacht wird. Des weiteren kann bei Veranstaltungen wie der Köpenicker Sommer und bei Heimspielen des Fußballvereins 1. FC Union, bei denen es regelmäßig zu Streckensperrungen in Köpenick kommt, wenigstens der Verkehr in Oberschöneweide aufrecht erhalten werden.
Flexity - Serienlieferung und Ausblick
Die Serienlieferung der neuen Flexity-Fahrzeuge hat am 2. September mit der Anlieferung des Wagens 8002 (langes Einrichtungsfahrzeuge, BVG-Typ F8E, auch als ERL bekannt) begonnen, welches den Fahrgästen am 10. September zum Tag der Verkehrssicherheit vorgestellt wurde und seit dem 12. September auf der Linie M4 im Einsatz ist. Bis zum Ende des Jahres kommen weitere 12 Fahrzeuge, womit die Auslieferung trotz des Hochwassers im Bombardier-Herstellerwerk im letzten Jahr und des damit verbundenen späteren Starts der Auslieferung wieder im Zeitplan wäre. Zunächst werden die 24 langen Einrichtungsfahrzeuge geliefert. Es folgen die 35 kurzen Zweirichtungsfahrzeuge (Typ F6Z, ZRK) und dann die 20 kurzen Einrichtungsfahrzeuge (Typ F6E, ERK). Den Abschluss bilden die 20 langen Zweirichtungsfahrzeuge (Typ F8Z, ZRL). Die BVG kann weiterhin bis 18 Monate vor Auslieferung Einfluss auf den Fahrzeugtyp jedes Fahrzeugs nehmen, wie sie es bereits im Januar diesen Jahres getan hat, als die Bestellung zugunsten mehr langer Fahrzeuge und vor allem auch langer Zweirichtungsfahrzeuge geändert wurde. Die Lieferung der Serienfahrzeuge wird 2017 abgeschlossen sein.
Im nächsten Jahr erfolgt die Bedarfsermittlung für ein voraussichtlich 31 Fahrzeuge umfassendes zweites Lieferlos, welches ab 2017 ausgeliefert werden könnte. Die Ermittlung ist vor allem von der Nachfrage- und Netzentwicklung abhängig.
In die Serienlieferung sind 150 Verbesserungen und 69 wesentliche Veränderungen eingeflossen, die durch Feedback von Fahrern, Fahrgästen und Behindertenverbänden zustande kamen. So gibt es unter anderem statt zweier nebeneinander liegender Monitore nun einen breiten Monitor für die Fahrgastinformation, mit der diese flexibler dargestellt werden kann. Allerdings ist weiterhin die "Halt"-Anzeige in den Monitor integriert, so dass diese bei Ausfall des Monitors ebenfalls nicht zur Verfügung steht. Die Abdeckung der Räder wurde optisch verbessert, das Multifunktionsabteil vergrößert und die Nutzung für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste optimiert. Der Fahrerarbeitsplatz wurde ebenfalls überarbeitet. Darüber hinaus erhalten die langen Fahrzeuge einen zweiten Fahrscheinautomaten.
Die mit der Serienlieferung nun immer dringender werdende Einbindung der Flexity in das RBL ist immer noch nicht erfolgreich umsetzbar. Die Voraussetzungen hierfür sollen aber noch diesen Oktober gegeben sein.
Der künftige Einsatz der Flexityfahrzeuge ist vor allem auf den nachfragestarken Innenstadtlinien vorgesehen, dabei sollen die Linien M2, M4 (als erste Linie vollständig), M5 und M6 lange Fahrzeuge erhalten. Für die M8 wird der Fahrzeugeinsatz noch geprüft. Erste Planungen sahen auch hier lange Fahrzeuge vor. Die kurzen Fahrzeuge werden unter anderem auf den Linien M10, M13 und 50 eingesetzt, dabei soll die M13 im Hinblick auf eine perspektivisch veränderte Endstelle an der Warschauer Straße zeitnah umgestellt werden.
Die vier Vorserienfahrzeuge haben nach zwei Jahren Einsatz inzwischen eine Laufleistung von 500.000 Kilometer erreicht.
Mangelhafte Beschleunigung
In den letzten Jahren wird die Straßenbahn immer mehr ausgebremst, vor allem in der Innenstadt. Ehemals vorhandene Vorrangschaltungen wurden WM- oder baubedingt eingestellt und nicht wieder in Betrieb genommen oder Anlagen haben eine andere Schaltung erhalten, die zum Beispiel Radfahrer besser integriert. Selbst bei Neubaustrecken läuft nicht alles rund. So stehen in der Wista die Züge der Linien 60 und 61 an nahezu jedem Signal. Daneben sind besonders fehlende oder zu kurze Abmarkierungen Hindernisse für einen beschleunigten oder wenigstens pünktlichen Betrieb. Leider haben die allgemeinen Einwände seitens der BVG bei der Verkehrslenkung Berlin bisher wenig gebracht, so dass sie nun stärker pointiert und argumentiert werden sollen. Dabei wurde als Pilotlinie die M1 gewählt, die bei 45 Minuten Fahrtzeit 15 Minuten allein an Signalen, Haltestellen oder in kleineren Staus stehend verbringt. Vier Punkte sollen dabei besonders hervorgehoben werden, bei denen durch geringfügige Änderungen eine spürbare Beschleunigung erbracht werden kann: dies sind Rosenthaler Platz, Schönhauser Allee/Bornholmer Straße, Rathaus Pankow und Pastor-Niemöller-Platz. Änderungen sind jedoch nur zusammen mit dem Land Berlin möglich, zumal dies nur zu Lasten der anderen Verkehrsträger oder des ruhenden Verkehrs gehen kann. Leider fehlt hier ein klares verkehrspolitisches Bekenntnis seitens des Landes.
Am verspätungsanfälligsten ist übrigens nicht die M1 sondern die M2 und das trotz hohem Anteil an eigenem Bahnkörper, gefolgt von der M6.
Sonstiges
- Ab Oktober gibt es zusätzliche Verstärkerfahrten auf der Linie 27, um den größeren Andrang durch die Studenten der HTW abfangen zu können.
- Die GT6-Fahrzeuge werden noch 16 bis 20 Jahre im Einsatz bleiben. Sie sollen ebenfalls die neuen breiten Bildschirme und die sich beim Flexity bewährten Klapprampen erhalten. Daneben ist eine neue Fahrzeugsteuerung vorgesehen.
- Für die Flexity- und GT6-Fahrzeuge ist eine neue Fahrscheinautomatenserie vorgesehen, die im kommenden Jahr ausgeliefert werden soll.
- Bisher ist es nicht möglich an zwei Daisyanzeigern wechselseitige Anzeigen zu generieren. Hierfür sollen nun die Voraussetzungen geschaffen werden, so dass theoretisch beide Gleise in der Dircksenstraße für die M2 genutzt werden können, ohne dass durch Daisy unklar ist, an welchem Gleis nun der nächste Zug abfährt.
- Für die geplanten Umbaumaßnahmen an den S-Bahnhöfen Karlshorst und Schöneweide gibt es noch keine festen Termine und auch noch keine Planfeststellverfahren. Darüber hinaus ist die BVG in beiden Fällen von Maßnahmen der Deutschen Bahn und des Landes Berlin abhängig.
- Im Gegensatz zur Uferbahn ist die Strecke nach Rahnsdorf (Linie 61) zurzeit nicht dringend sanierungsbedürftig und kann daher noch mehrere Jahre betrieben werden. Dann wird es aber ein klares Bekenntnis des Senats für den Weiterbetrieb geben müssen, da die Auslastung der Strecke weiterhin eher schlecht ist.
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