- am 30.06.2009
- auf der Aktuellseite Berlin-Brandenburg
- in der Kategorie S-Bahn
S-Bahn hält sich nicht an Absprachen - 1/3 des Fahrzeugparks stillgelegt
Was derzeit bei der Berliner S-Bahn passiert, ist beispiellos. In einer Selbstverpflichtung hatte sich die S-Bahn nach dem Radbruch am 1. Mai in Kaulsdorf darauf festgelegt, die Räder der Baureihe 481/482 alle 7 Tage zu untersuchen. Außerdem sollen alle führenden Achsen mit mehr als 650.000 km Laufleistung ausgetauscht werden. Normal seien laut S-Bahnchef Heinemann 1,2 Millionen km gewesen.
In beiden Fällen hat sich die S-Bahn Berlin GmbH nicht an die gegenüber dem Eisenbahnbundesamt (EBA) auferlegte Selbstverpflichtung gehalten. Bereits am Samstag waren 50 Viertelzüge aus dem Verkehr gezogen worden, weil ihre Laufleistung teilweise sogar über den 1,2 Millionen km lag.
Am Montag führte das EBA nach eigenen Angaben umfangreiche Kontrollen durch und stellte dabei auch Verstöße gegen die 7-Tages-Verpflichtung fest. Infolgedessen erließ das EBA am Montagabend gegen 23 Uhr eine Verfügung alle Fahrzeuge, deren Rad-Überprüfung mehr als 7 Tage zurückliegt, aus dem Verkehr zu ziehen. Seitens der S-Bahn wurden daraufhin weitere 150 Viertelzüge aus dem Verkehr gezogen und um 1:30 Uhr massive Einschränkungen für den Tagesverkehr angekündigt. Die S-Bahnlinen S45 und S85 verkehrten nicht, die S47 nur zwischen Spindlersfeld und Schöneweide sowie die S1, S2, S25, S3, S5 und S75 nur alle 20 Minuten. Da die untersuchten Züge wieder in den Fahrgastverkehr zurückkehren dürfen, entspannt sich die Situation langsam, aber auch in den nächsten Tagen ist noch mit Ausfällen und verkürzten Zügen zu rechnen.
Ungewöhnlich hart fällt auch die Formulierung des EBA aus: "Das Eisenbahn-Bundesamt weist darauf hin, dass die S-Bahn Berlin GmbH gesetzlich verpflichtet ist, die Sicherheit des Betriebs jederzeit zu gewährleisten." Kritik hagelte es auch von VBB-Chef Franz und Stadtentwicklungsenatorin Junge-Reyer.
Franz: "Die Fahrgäste der Berliner S-Bahn sind zu Recht sauer. Über ein Drittel der Fahrzeugflotte steht nun nicht mehr zur Verfügung. Die S-Bahn fährt im Berufsverkehr einen 20-Minuten-Takt, Fahrgäste müssen sich in übervolle, verkürzte Wagen quetschen, Züge fallen ganz aus und auf den Bahnsteigen werden die Fahrgäste nicht einmal ausreichend über die Situation informiert. [...] Hintergrund scheint der rigide Sparkurs bei der S-Bahn zu sein: Werkstätten wurden geschlossen, Werkstattpersonal reduziert, Fahrzeugreserven abgebaut. [...] Bahnchef Grube darf es nicht zulassen, dass die Qualität der Berliner S-Bahn immer weiter in den Keller fährt."
Junge-Reyer erklärte, dass sie keine der ausgefallenen Fahrten bezahlen wolle und zeigte sich entsetzt von den Fristüberschreitungen, die zur heutigen Stillegung führten. Sie erklärte zudem, dass sie kein Interesse an einer Vertragskündigung habe, sondern vielmehr auf der Erfüllung des Vertrags bestehe.

Alle Rechte an den hier veröffentlichten Texten und Bildern liegen ausschließlich bei BahnInfo
bzw. den jeweiligen Autoren. Eine weitere Veröffentlichung der Bilder und Texte (dazu zählt
auch die Verwendung auf anderen Internetseiten) ist ausschließlich mit vorheriger schriftlicher
Genehmigung der BahnInfo-Redaktion bzw. des jeweiligen Autoren gestattet.