- am 10.06.2009
- auf der Aktuellseite Berlin-Brandenburg
- in der Kategorie S-Bahn
Studie für eine neue S-Bahnlinie auf der historischen Stammbahn vorgestellt
Am heutigen Tage stellten der Bezirk Steglitz-Zehlendorf, die Gemeinde Kleinmachnow, der Leiter des Gewerbegebiets „Europarc Dreilinden“ und die Deutsche Bahn International GmbH ihre Vorstudie zu einem möglichen S-Bahnbetrieb auf der „Stammbahn“ zwischen Zehlendorf und Kleinmachnow der Öffentlichkeit vor.
Nachdem im letzten Jahr die Nutzen-Kosten-Untersuchung eines Regionalbahnverkehrs für eine Reaktivierung der historischen „Stammbahn“ Berlin - Potsdam (übrigens der ersten preußischen Eisenbahnstrecke von 1838) negativ ausfallen war, bemühten sich die anliegenden Gemeinden und Unternehmen um Alternativlösungen für eine SPNV-Anbindung der Region. Die Deutsche Bahn International GmbH, eine Consultingtochter der DB, wurde mit einer Machbarkeitsuntersuchung beauftragt. Diese Studie sieht vor, eine neue Zweig-S-Bahnlinie, nennen wir sie nach dem Berliner Prinzip „S15“, im 20-Minuten-Takt verkehrend und die bisherigen Verstärkerzüge der S1 ersetzend, zwischen dem neu zu bauenden Bahnhof Kleinmachnow-Dreilinden (am eBay-Hauptsitz unweit des Stahnsdorfer Damms) und dem Potsdamer Platz verkehren zu lassen.
Diese S15 soll hinter dem S-Bahnhof Zehlendorf (am heutigen S1-Bahnsteig, und nicht am ehemaligen Stammbahnsteig haltend) aus der bestehenden S1-Strecke hinter dem ehemaligen Stellwerk Zehlendorf ausgefädelt werden, die Güterzugstrecke Wannsee-Lichterfelde West niveaugleich kreuzen, um dann eingleisig auf der bis 1980 durch S-Bahnzüge befahrenen Stammbahntrasse bis zum Bahnhof Düppel-Kleinmachnow - mit einem Halt wie einst am Bahnhof Zehlendorf-Süd – verkehren. Von dort müsste die Trasse gänzlich auf dem inzwischen aufgeforsteten Mauerstreifen neu errichtet werden. In Höhe des Kleinmachnower Schleusenweges soll ein Haltepunkt optional vorbereitet werden, der sowohl den südlichen Teil des Berliner Ortsteils Nikolassee, als auch das Kleinmachnower Komponistenviertel anbinden könnte.
Die Autobahn A115 (Avus-Zubringer) wird über eine eingleisige Bahnbrücke gequert, bevor die Züge der S15 in einem, mit einer Option für den zweigleisigen Kreuzungsverkehr versehenen Bahnhof namens „Kleinmachnow-Dreilinden“ enden sollen.
Das am künftigen Endbahnhof ansässige Gewerbegebiet „Europarc Dreilinden“, in dem 2.400 Arbeitnehmer beschäftigt sind - Tendenz steigend -, hatte sich finanziell besonders für die Entwicklung dieser Vorstudie eingesetzt. Schon heute gibt es auf dem Gelände, auf dem Firmen wie eBay und Porsche ansässig sind, massive Parkplatz-Kapazitätsengpässe, weshalb ein großes Interesse an der S-Bahn-Anbindung bestünde.
Als mögliches Eröffnungsdatum für die S15 wurde der Zeitraum 2013-2015 genannt. Von da an sollen Halbzüge zwischen Dreilinden und Potsdamer Platz zur Realität werden. Die künftigen Außenbahnsteige an der Neubaustrecke werden aber so konzipiert, dass eine spätere Erweiterung auf Dreiviertelzugbetrieb kostenneutral möglich sein werde.
Ein Umlauf zwischen Zehlendorf und Dreilinden soll, mit einer Wendezeit von 5 Minuten in Dreilinden, insgesamt 18 Minuten dauern. Dafür müsste die S-Bahn Berlin GmbH zwei zusätzliche Züge beschaffen. Für die fünf Kilometer lange Strecke zwischen Zehlendorf und Dreilinden würde die S15 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern sechseinhalb Minuten benötigen. Zwei Unterwerke für die Stromversorgung müssten errichtet werden.
Außerdem ist in Dreilinden ein P+R-Stellplatz angedacht. Insgesamt hofft man so auf 4.000 Fahrgäste pro Tag je Richtung, davon (im Szenario mit einem P+R-Stellplatz in Dreilinden) auf fast 1.500 S-Bahn-Neukunden täglich.
Die gesamte Neubaustrecke soll Berlin und Brandenburg etwa 35 Millionen Euro kosten. Positiv auf die Kostenkalkulation fällt aus, dass es sich bei der S15 um eine Reaktivierung einer vor dem Mauerbau bestehenden Trasse handelt, sodass es rechtlich drei niveaugleiche Kreuzungen mit dem Autoverkehr (Idsteiner Straße, Clauertstraße und Benschallee) geben darf und keine besonderen Lärmschutzmaßnahmen zwingend erforderlich sind.
Die verkehrlichen Auswirkungen einer S15 auf die Linienführung der Busse 115, 620, 623 und 629 wurden im Rahmen der Vorstudie noch nicht untersucht. Eine generelle Umgestaltung des Kleinmachnower Busnetzes ist aber für die kommenden Jahren ohnehin geplant und würde an die neue S-Bahnstrecke angepasst werden.
Ein weiterer Vorteil der S15 für Fahrgäste außerhalb der Kleinmachnower Agglomeration wird sein, dass zukünftig zwischen Zehlendorf, Steglitz, Schöneberg und Mitte von 4 bis 1 Uhr nachts und am Wochenende ein 5,5,10-Minuten-Takt auf der S1-Strecke angeboten werden soll.
Kritische Stimmen gab es von Seiten der Anwohner und des Landeskreises Potsdam-Mittelmark. Dort wird eine Reaktivierung der historischen „Friedhofsbahn“ (Wannsee-Dreilinden-Stahnsdorf) eher befürwortet. Diese würde nicht nur den Europarc auf direktem Wege mit dem Regionalbahnhof Berlin Wannsee, ohne Lärmbelastung für Anwohner, da die Strecke durch den Wald führt, verbinden, sondern auch Stahnsdorf und Teltow-West eine sinnvolle Verknüpfung an den S-Bahnverkehr bieten. Darüberhinaus wurde auch wieder der Bau einer Straßenbahnverbindung zwischen Potsdam und Teltow Stadt ins Gespräch gebracht, welche Kleinmachnow allerdings nicht tangieren würde.
Gemeinsam mit der brandenburgischen Landesregierung, die einen Wiederaufbau der Stammbahn stark befürwortet, wollen der Bezirk Steglitz-Zehlendorf und die Gemeinde Kleinmachnow nun an das Land Berlin mit dem Wunsch herantreten, aufgrund des positiven Ergebnisses der Vorstudie, eine Nutzen-Kosten-Analyse für einen S-Bahnverkehr auf der Stammbahn in Auftrag zu geben und die Stammbahnreaktivierung in den Stadtentwicklungsplan Verkehr (StEP) aufnehmen zu lassen.
Der Steglitz-Zehlendorfer Bezirksstadtrat Uwe Stäglin (SPD) bekräftigte nachdrücklich, dass man sich „in 20 Jahren nicht ärgern soll, dass eine Trasse, die man dringend benötige, verschwunden sei“ Die Vorstudie zur S15 sei ein „klarer Appell an das Land Berlin“, zu handeln.
Foto: Stillgelegte Stammbahntrasse (1999) bei Düppel
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