- am 08.10.2017
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Fahrgastsprechtag BVG 2017
Am 04.10.2017 fand auf dem Betriebshof Lichtenberg der vom Berliner Fahrgastverband IGEB veranstaltete Fahrgastsprechtag BVG statt. Bereits zum dritten Mal gab die Vorstandsvorsitzende der BVG Dr. Sigrid Evelyn Nikutta in der ersten Hälfte der Veranstaltung zunächst einen Überblick über das aktuelle Geschehen bei der BVG, bevor sie sich den Fragen und der Kritik des Publikums stellte, allerdings erneut aus Termingründen nicht bis zum Ende der Veranstaltung. Unterstützt wurde Nikutta von Kollegen aus den Bereichen Infrastruktur, U-Bahn, Straßenbahn, Bus und Presse sowie den von vielen vergangenen Sprechtagen bekannten Angebotsplaner Helmut Grätz.
Rückblick
Seit Jahren steigen die Fahrgastzahlen kontinuierlich an und werden es auch 2017 tun. 2015 wurde erstmals knapp die Milliardengrenze bei den Fahrgastzahlen übersprungen, 2016 gelang dies mit 1.045 Millionen Fahrgästen deutlicher, ein Plus von 35 Millionen gegenüber dem Vorjahr. Auch die Abonnentenzahlen steigen weiter, Ende 2016 gab es 457.000 Abonnenten bei der BVG.
Die BVG betreibt 186 Linien, die 7.500 Haltestellen bedienen und auf denen 3.000 Fahrzeuge eingesetzt werden können. Die Mitarbeiterzahl im Konzern beträgt 14.400, dies sind zwar 2.000 mehr seit Amtsantritt Nikuttas im Jahr 2010, aber immer noch zu wenig. Mit dem Personal können gerade einmal die Planleistungen bewältigt werden, eine Reserve ist jedoch nicht vorhanden, so dass Krankheiten des Personals schnell zu Fahrtausfällen führen. Hinderlich für den Personalwachstum ist auch die Ausbildungskapazität, die erst nach und nach wieder erhöht werden kann, nachdem sie - wie auch die Personalzahl ingesamt - in den letzten beiden Jahrzehnten aufgrund des Sparzwangs stark zurückgefahren wurde.
Seit März 2017 sind wieder Doppelstreifen von Polizei und BVG im Berliner U-Bahnnetz unterwegs. Im April waren fast alle Bahnsteige im U-Bahnnetz mit freiem WLAN ausgestattet, Lücken gibt es vor allem noch in den Bahnhofshallen und Verteilergeschossen. Die Bearbeitung des Erhöhten Beförderungsentgelt (EBE) kann seit Mai nun auch online erfolgen. Hierfür hat die BVG ein Portal eingerichtet.
Ausblick
Zum Fahrplanwechsel wird es Leistungsausweitungen auf den Linien M1, 37, 67, X49, 122, 123, 136, 140, 163, 170, 172, 221 und 245 geben. Die Linien X34 und X49 erhalten in Spandau jeweils einen neuen Ast, die Linien X54 und 155 im Bereich des S+U-Bahnhofs Pankow eine neue Endhaltestelle. Die Linie 107 wird auf den Bereich Schildow bzw. Arkenberge - Pastor-Niemöller-Platz beschränkt und in Glienicke/Nordbahn durch die angepasste Linie 806 der OVG ersetzt. Eine neue Expressbuslinie X36 wird zwischen Rathaus Spandau und Haselhorst (im Zuge der Linie 236) eingerichtet. Mit der Eröffnung der neuen Spreequerung Minna-Todenhagen-Brücke kommt eine weitere neue Linie 365 zwischen S-Bahnhof Baumschulenweg und Wilhelminenhofstraße/Edisonstraße hinzu.
Die Koalitionsvereinbarung des aktuellen rot-rot-grünen Berliner Senats sieht Neubaupläne von 68,8 Kilometern für das Straßenbahnnetz vor. Bei aktuell 193 Kilometer Netzlänge wäre dies ein Plus von rund 35 Prozent. Davon sollen 5,8 Kilometer noch bis 2021 gebaut werden. Dies sind die Anbindung des Ostkreuzes, der Ausbau Mahlsdorf sowie die Neubaustrecken Hauptbahnhof - Turmstraße und Schöneweide - Adlershof (Wista II). Da zu allen Strecken die Planfeststellungsverfahren noch nicht eröffnet sind, ist dieses Ziel inzwischen sehr ambitioniert. Bei weiteren 59 Kilometer soll der Baubeginn spätestens 2021 (Strecken Alexanderplatz - Rathaus Steglitz, Warschauer Straße - Hermannplatz, Turmstraße - Jungfernheide, Pankow - Weißensee und Anbindung Neubaugebiet Blankenburger Süden) bzw. 2026 (Strecken Pankow - Turmstraße - Luisenplatz, Jungfernheide - "Urban Tech Republic" (heutiger Flughafen Tegel), Potsdamer Platz - Zoologischer Garten, Potsdamer Platz - Schöneweide, Spittelmarkt - Mehringdamm und Johannisthal - Zwickauer Damm) erfolgen. Die restlichen 4 Kilometer, bisher nicht terminiert, sind Strecken entlang der nördlichen Prenzlauer Promenade und der East Side Gallery. Für alle Maßnahmen zusammen sind Investitionen über 1 Milliarde Euro notwendig. Alle vier bis sechs Wochen sitzen Senat und BVG zusammen, um die Pläne voranzubringen und umzusetzen. Wenn dies alles gelingt, wäre dies ein deutlicher Schritt nach vorn in Sachen Straßenbahnausbau, der längst überfällig ist.
Auch für die Voruntersuchung von U-Bahnnetz-Erweiterungen, wie zum Beispiel die U8 ins Märkische Viertel oder die U7 Richtung Schönefeld, wurde die BVG durch den Berliner Senat beauftragt, wenngleich es hier im Gegensatz zur Straßenbahn keine konkreten Zeitpläne gibt. Diese Leistungserbringung geht laut BVG auch nicht zu Lasten der Straßenbahnplanungen, da sie durch externe Firmen erfolgen soll.
Infrastruktur
In diesem Jahr wurde der 115 Jahre alte U-Bahnviadukt zwischen Hallesches Tor und Schlesisches Tor in Kreuzberg (U1) saniert. Auf Abschnitten der U6 und U7 wurde eine neue Zugsicherungsanlage eingebaut und in Betrieb genommen.
Das Aufzugsprogramm ist weiterhin am Laufen. Inzwischen sind alle leicht zu bauenden Anlagen erstellt und nur noch die - vor allem hinsichtlich des Denkmalschutzes - schwierigen Fälle in Bau bzw. in detaillierter Planung. Inbetriebgenommen wurden in diesem Jahr Aufzüge an den U-Bahnhöfen Hansaplatz (U9), Hallesches Tor (U6), Zitadelle (2 Stück, U7) und Mohrenstraße (U2). Das Ziel ist Ende 2020 alle U-Bahnhöfe barrierefrei vorzufinden.
Die Arbeiten an der U5-Verlängerung schreiten voran. Die beiden Tunnelröhren sind im Rohbau fertig, ebenso die neuen U-Bahnhöfe Rotes Rathaus und Unter den Linden. Hier haben inzwischen auch die Innenausbauten begonnen. Für den neuen U-Bahnhof Museumsinsel, der zum Teil unter dem Spreekanal liegen wird, laufen aktuell die Vereisungsbohrungen. Rund 75 Prozent der 100 zu bohrenden 100 Meter tiefen Röhren sind fertig. Im Anschluss daran kann die Vereisung und schließlich der Bau des Bahnhofs beginnen.
Fahrzeuge
Die U-Bahnflotte, im Schnitt ca. 30 Jahre alt, wird allmählich verjüngt. Aus dem Sonderfond wachsende Stadt konnten für über 60 Millionen Euro kurzfristig 44 Wagen (entspricht 11 Vierwagen-Zügen) des neuen Kleinprofil-Typs Ik ("Icke" genannt) bestellt werden, die sich seit Juli in Auslieferung befinden und zunächst mit "Blumenbrettern" versehen auf der Großprofillinie U5 in den Einsatz gelangen werden. Weitere 108 Wagen (27 Vierwagen-Züge) dieses Typs, dann in "normaler" Ausführung, werden ab 2018 folgen. Schon ab dem Jahr 2021 sollen die Neufahrzeuge des sich derzeit in der Ausschreibung befindlichen Nachfolger-Typs J bzw. Jk folgen. Hier sind 704 Wagen für das Großprofil und 346 Wagen für das Kleinprofil vorgesehen. Die Investitionskosten hierfür werden sich voraussichtlich auf über 3,1 Milliarden Euro belaufen.
Um den Wagenmangel auf den Großprofillinien etwas abzumildern, wurden zwei Doppeltriebwagen der Altbaureihe D für den Linieneinsatz wieder fit gemacht und zur Insellinie U55 gebracht, auf der sie seit März 2017 im Einsatz sind. Allerdings sind die Züge nicht sehr zuverlässig. Die geplante Fertigstellung des dritten Doppeltriebwagens vom Typ DL ist derzeit nicht absehbar. Er befand sich in einem deutlich schlechteren Zustand als die D-Züge. Auch ein Vierwagen-Zug der Altbaureihe EIII/5 ist inzwischen wieder im Einsatz, allerdings nur als Zusatzleistung an den Wochenenden auf dem oberirdischen Abschnitt der Linie U5.
Durch die AG U-Bahn wird derzeit der älteste noch erhaltene U-Bahnwagen, ein Kleinprofilfahrzeug vom Typ AI aus dem Jahr 1908, seit 1955 denkmalgeschützt, instandgesetzt und wieder fahrtüchtig gemacht. Er soll 2018 für Sonderfahrten in den Einsatz gelangen.
Noch bis 2020 erfolgt die Auslieferung der Flexity-Straßenbahnwagen. Sämtliche Optionen sind gezogen worden, so dass am Ende 210 Fahrzeuge dieses Typs vorhanden sein werden, davon 54 kurze Zweirichter, 40 lange Einrichter und 116 lange Zweirichter. Etwa 70 Prozent der Fahrzeuge sind inzwischen geliefert und im Einsatz. Momentan läuft die Ausschreibung für die nächste Generation Niederflurfahrzeuge, deren Bekanntmachung im Dezember 2016 erfolgte. Ziel ist der Abschluss eines Rahmenvertrags sowie der Abschluss eines Ersatzteilversorgungsvertrags für bis zu 117 Fahrzeuge in verschiedenen Größen. Der Zuschlag erfolgt nach aktuellem Plan Mitte 2019. Als eiserne Reserve werden 40 hochflurige Tatra-Wagen (Typ KT4D) vorgehalten.
Die Busflotte wird fortlaufend erneuert. So werden alte 12-Meter-Standardeindecker und 18-Meter-Gelenkbusse durch neue - weiterhin mit Diesel betriebende - Fahrzeuge ersetzt, die auch die neue Abgasnorm Euro-6 erfüllen. Für die Doppeldeckerbusse ist derzeit kein Ersatz in Aussicht, gleichwohl eine Neuausschreibung in Arbeit, die Doppeldecker in ähnlichen Maßen wie der 13,8 Meter lange Typ DL und ähnlicher Menge, ca. 400, vorsieht. Leider gibt es ein solches Fahrzeug nicht "von der Stange", so dass dessen Entwicklung Zeit in Anspruch nehmen wird. Die kleineren Test-Doppeldecker, die aktuell weiterhin im Einsatz sind, haben sich nicht bewährt, so dass von diesen Fahrzeugen keine Bestellung erfolgen wird. Um die Busse des Typs DL weiterhin einsetzen zu können, werden sie einer Sanierung unterzogen. Dabei werden unter anderem neue SCR-Filter eingebaut, um den Stickoxid-Ausstoß zu verringern, und das gesamte Gestänge erneuert.
Die Elektromobilität wird nicht aus den Augen verloren. Es sollen weitere akkubetriebene Elektobusse, auch Gelenkbusse, getestet werden. So wird für den Februar 2018 ein französisches Modell erwartet. Insgesamt war die Resonanz auf den Aufruf, Test-E-Busse zu schicken, jedoch verhalten. Es besteht trotzdem seitens der BVG die Hoffnung, dass die Verlässlichkeit dieser Fahrzeuge in naher Zukunft signifikant zunimmt und die Preise sinken, die derzeit einen Umstieg verhindern. Auch die hohen Kosten für die dazugehörige Infrastruktur, wie Ladestationen, dürfen nicht außer Acht gelassen werden, weshalb auch die Rückkehr des O-Busses nicht angedacht ist.
Für autonom fahrende Straßenfahrzeuge ist die Komplexität des Berliner Verkehrs noch auf lange Sicht zu hoch. Gleichwohl erforscht und testet auch hier die BVG in Zusammenarbeit mit anderen Partnern, wie dem Bundesumweltministerium und der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, ihren Einsatz. Dazu werden im Rahmen des Projekts "Stimulate" auf den Charité-Geländen in Mitte und Wedding jeweils ca. 1,5 Kilometer lange Linien eingerichtet, die mit 4 autonom fahrenden Minibussen betrieben werden sollen.
Sonstiges
- Im Jahr 2015 wurde die Taskforce Beschleunigung als Zusammenarbeit von BVG und Verkehrslenkung Berlin gegründet. Schwerpunkt sind zunächst die Linien M4, M6, M27, M48, M85, 136 und 236. Die Beschleunigung soll durch eine konsequente Freihaltung von Busspuren und Haltestellen, Ampelanpassungen, den Neubau von Kaphaltestellen und die Einrichtung neuer Busspuren erfolgen. Deren Länge soll von derzeit 100 Kilometer auf mindestens das Doppelte anwachsen. Für die Überwachung der Busspuren wurden 20 Mitarbeiter eigens abgestellt. Die Auswertung der Ziele erfolgt monatlich und die Arbeit hieran hat inzwischen "Fahrt aufgenommen". Bleibt zu hoffen, dass die Arbeiten an der Beschleunigung auch langfristig fruchten und die Maßnahmen nicht wie oft nach kurzer Zeit wieder ausgesetzt werden.
- Die BVG-App, ca. 3,5 Millionen Mal bereits heruntergeladen, wurde um weitere Features wie Live-Maps, Störungsmeldungen und mehr Zahlungsmöglichkeiten erweitert. Über die App werden monatlich ca. 9 Millionen Verbindungsabfragen und ca. 14 Millionen Haltestellenabfahrtsanfragen getätigt. Aktuell ist eine App in Entwicklung, mit der innerhalb von 10 Sekunden eine Fahrkarte gekauft werden kann.
- An den Fahrkartenautomaten im U-Bahnnetz kann seit August auch mit der Kreditkarte bezahlt werden, dabei ist auch das kontaktlose Bezahlen ohne PIN-Eingabe möglich. Die Tests hierfür erfolgten an den Automaten am Flughafen Tegel. In den Straßenbahnfahrzeugen wird es erst einmal keine neue Automaten geben. Nach dem es mit der Lieferung neuer Automaten aufgrund der Insolvenz des Herstellers nicht geklappt hat, soll nun erst einmal die weitere digitale Entwicklung (Stichwort papierloser Fahrschein) abgewartet werden.
- Einen weiteren Ausbau der Fahrzielanzeiger (Daisy) wird es erst einmal nicht geben, da das System inzwischen veraltet und auch der Aufbau sehr kostspielig ist. Die BVG testet daher aktuell im Rahmen des Projekts "grüne Haltestelle" einfachere und preiswertere digitale Systeme.
- Ein Softwareupdate, voraussichtlich im nächsten Jahr anstehend, soll es ermöglichen, dass die Fahrgastinformationssysteme in den Fahrzeugen (Monitore) mit mehr Information bespielt werden können. So sollen dann endlich nicht nur die nächsten Haltestellen sondern auch die Umsteigemöglichkeiten zu anderen Linien in Echtzeit angezeigt werden.
- Die Abstimmung zum Standort des neuen Straßenbahnbetriebshofs in Adlershof ist in der Endphase. Auch zu neuen Busbetriebshöfen, vor allem in Hinblick auf den Einsatz von Elektrobussen, ist die BVG mit dem Senat in Diskussion.
- Als der neue Berliner Hauptbahnhof gebaut wurde, ist fälschlicherweise davon ausgegangen worden, dass dort nur wenige Buslinien enden werden, weshalb es hierfür keine ausreichende Infrastruktur gibt. Ein besonders großes Ärgernis ist hierbei die provisorische Haltestelle auf dem Fernbusparkplatz, für die eine bessere Lösung gesucht wird, aber noch nicht in Aussicht ist.
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