- am 23.02.2007
- auf der Aktuellseite Berlin-Brandenburg
- in der Kategorie U-Bahn
Erste Zwangsstilllegung - Sind Berlins U-Bahnhöfe einsturzgefährdet?

Eintretendes Wasser, nässende Tunneldecken, sie gehören mittlerweile zum alltäglichen Bild diverser U-Bahnhöfe der Hauptstadt. Dass an vielen Stellen des 144,2 km großen Streckennetzes - vor allem im Westteil - bereits heute gravierende Mängel vorherrschen, dementiert auch nicht der Senat, der durch die Verschiebung von veranschlagten Mitteln für die geplante U55 eine Lösung darin sieht, diese dauerhaft zu beheben.
Wie schlecht es nun tatsächlich um die in der Summe 170 U-Bahnhöfe steht, zeigt die gestrige Vollsperrung vom Südstern.
Die Technische Aufsichtsbehörde hatte während einer Routine-Untersuchung massive Tragfähigkeitsprobleme an den Bahnsteigkanten festgestellt und darufhin die unverzügliche Stilllegung angeordnet. Die Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Petra Rohland, teilte dazu mit, dass laut des Ergebnisses eines Statikers, die Randbereiche der auf zwei Mauern gelagerten Bahnsteigplatte abzubrechen drohten, worauf der Leiter der Aufsichtsbehörde, Oktay Yurdakul, wegen "Gefahr in Verzugs" die sofortige Schließung der Station befahl, so dass Züge der U7 zwischen 7.00 Uhr und 16.00 Uhr die Stelle nur mit 40 km/h passieren konnten. Durch die Berliner Verkehrsbetriebe provisorisch installierte Bahnsteigstützen sollen nach Aufforderung der Verwaltung nun Sicherheit gewährleisten, bei deren Aufbau noch gestern von zwei bis drei Tagen Arbeitszeit ausgegangen worden war, die BVG allerdings in der Zwischenzeit mitteilte, dass der Verkehr wieder regelmäßig mit Halt am Südstern durchgeführt werde.
Nach Meinung von Experten stellt das Ereignis eine Signalwirkung dar, die auf die Sanierungsbedürftigkeit des U-Bahnnetzes stark hinweist. In diesem Zusammenhang wies der Direktor U-Bahn, Hans-Christian Kaiser, in einem persönlichen Gespräch noch im November darauf hin, dass man unlängst Londoner Verhältnisse (in London gab es, wie im Falle der Station "Mornington Crescent", derart bedingte Totalsperrungen bereits) habe, einige Stationen er schon heute als fast "einsturzgefährdet" sehe.
Nicht von ungefähr dürften daher die Bestrebungen der BVG kommen, sogar ganze Abschnitte des Netzes zur Disposition zu stellen (BahnInfo berichtete).
Kommentar:
Die Stadt klagt, kein Geld zu haben, die BVG nähert sich abermals der Milliardenschuld. So wird zwangsläufig die Frage aufgeworfen, wer die immensen Kosten trägt. Momentan lautet die Antwort gefrei des Mottos Thomas Neckers, dem Vorstand Betrieb des Unternehmens: Fahren auf Verschleiß. Rein ökonomisch scheint er auf den ersten Blick Recht zu haben, weil nur die Ausnutzung aller Materialien bis zum Letzten die höchstmögliche Rendite liefert. Doch mit Nachhaltigkeit ist eine Komplettsanierung um ein Vielfaches teurer. Ein Fakt, der ihn nicht weiter kümmern muss, hat seiner Meinung nach "West-Berlin doch längst bewiesen, mit Bussen sehr gut versorgt zu sein."
Bild: So wie hier am ehemaligen Fußgängertunnel Fischerinsel könnte es schon bald an einigen U-Bahnhöfen aussehen. © Christian Linow

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